Anklageprinzip: zeitliche Eingrenzung

Das Anklageprinzip verlangt u.a. eine möglichst genaue Angabe der Tatzeit (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO) In einem Fall aus dem Kanton Thurgau wurde diese Vorschrift verletzt, weil die Eingrenzung auf das Jahr 2005 zu ungenau war (BGer 6B_103/2017 vom 21.07.2017).

Das Bundesgericht fasst seine Rechtsprechung zusammen und begründet, warum es im vorliegenden Fall gutheisst:

Das Bundesgericht befasste sich wiederholt mit der zeitlichen Bestimmtheit der Anklage hinsichtlich eines einzelnen Tatvorwurfs: Es hielt beispielsweise eine Eingrenzung des Vorwurfs sexueller Nötigung auf drei Monate für hinreichend, weil der genaue Zeitraum wegen der mehrere Jahre zurückliegenden Tat nicht mehr eruierbar war. Auch die Angabe einer bestimmten Jahreszeit wie “Herbst 1998”, “Winter 1999”, die Beschränkung auf wenige Monate wie “November oder Dezember 1999” oder auf einen nicht näher bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines einzigen Monats liess es genügen (Urteil 6B_432/2011 vom 26. Oktober 2011 E. 2.3 mit Hinweisen). In der Lehre wird die Ansicht vertreten, für ein einzelnes Delikt erscheine ein möglicher Zeitrahmen innerhalb eines ganzen Jahres in der Regel zu unbestimmt (…).
Angesichts der konkreten Umstände, insbesondere der Möglichkeit, dass der Tatzeitpunkt durch weitere Ermittlungen hätte eingeschränkt werden können, ist der mögliche Tatzeitraum von einem Jahr vorliegend zu lang. Aufgrund der derart weit gefassten Zeitangabe wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, seine Verteidigungsrechte angemessen auszuüben. Der Schuldspruch wegen versuchter Vergewaltigung verletzt den Anklagegrundsatz (E. 1.5.3).
Das Ergebnis ist sicher richtig. Aber hätte sich der Beschwerdeführer verteidigen können, wenn der Vorwurf bspw. auf den Herbst des entsprechenden Jahres begrenzt worden wäre? Die Kriterien, die das Bundesgericht anwendet, sind m.E. nicht sachgerecht.