Bundesanwaltschaft: Missbrauch als Geschäftsmodell

In der Sonntagszeitung vom 19. Februar stellt die Bundesanwaltschaft ihre “Taskforce gegen straffällige Firmen” vor. Fünf Unternehmen seien bereits zu Zahlungen von über CHF 252 Mio. verurteilt worden.

Das Modell basiert auf einer Kumulation gesetzgeberischer Fehlentscheide und der Angst von Unternehmen bzw. deren Management vor Reputationsschäden.

Ganz kurz:

  1. Art. 102 StGB sieht Bussen bis maximal CHF 5 Mio. vor.
  2. Das Einziehungsrecht gemäss Art. 69 ff. StGB ist nach oben unbeschränkt. Insbesondere können auch Vermögenswerte eingezogen werden, die gar nicht vorhanden sind. Die in der Presse genannten CHF 252 Mio. beruhen zum weit überwiegenden Teil auf Einziehungen.
  3. Die Strafbefehlskompetenz ist nach Art. 352 StPO für Bussen und Einziehungen unbeschränkt.
  4. Das Strafbefehlsverfahren ist nicht öffentlich und lässt den Beteiligten Raum für Absprachen. Absprachen sind zwar gesetzlich nicht vorgesehen, aber auch nicht verboten.
  5. Ergebnis der Absprache ist in der Regel der Erlass eines Strafbefehls in vereinbarter Höhe. Die BA verzichtet auf Publikation, das Unternehmen auf Einsprache. Mitunter – so sagt man – verzichtet die BA nebst der Veröffentlichung auch auf die Verfolgung der natürlichen Personen im Unternehmen, die tatbestandsmässig gehandelt haben.
  6. Die Justiz wird bleibt aus dem ganzen Prozess ausgeschossen, weil niemand den Strafbefehl anficht (bzw. anfechten kann).
  7. Es gibt kein Strafregister für Unternehmen. Damit haben auch börsenkotierte Unternehmen nichts zu befürchten.

Und worin liegt der Missbrauch? Er liegt darin, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Strafbefehls im Unternehmensstrafrecht praktisch unmöglich vorliegen können. Aber eben, wo kein Kläger ist, ist kein Richter. Die Unternehmen bzw. ihr Management kaufen sich frei, obwohl sie gute Chancen auf einen Freispruch bzw. auf Einstellung des Verfahrens hätten. Das Risiko ist dennoch zu gross, zumal es mit fremdem Geld abgewendet werden kann.