Der Nachrichtendienst als Strafverfolungsbehörde

Die Schnittstelle zwischen Nachrichtendiensten und Strafverfolgungsbehörden ist in vielfältiger Hinsicht interessant, auch wenn das Bundesgericht dem Trennungsgebot keine Bedeutung zu schenken scheint (vgl. dazu meinen früheren Beitrag). Besonders interessant wird es, wenn dereinst das neue Nachrichtendienstgesetz in Kraft treten wird.

Das NDG mit seinen neuen geheimen Überwachungsmassnahmen wird ermöglichen, ohne strafprozessualen Tatverdacht Beweise zu erheben, die dann ohne Weiteres an die Staatsanwaltschaften weitergeleitet werden und von ihnen weiterverwendet werden können. Die strafprozessualen Regeln kommen erst zur Anwendung, nachdem der Verdacht durch nachrichtendienstliche Methoden begründet und der Staatsanwaltschaft bekannt gemacht wurde. Bei den nachrichtendienstlichen Erkenntnissen handelt es sich aus rein strafprozessualer Sicht eigentlich um verbotene (verdachtsbegründende) Zwangsmassnahmen und damit um Beweisausforschung. Wieso dies in der Schweiz offenbar als unbedenklich qualifiziert wird, verstehe ich nicht.

Ein Beispiel unter bisherigem Recht erwähnt der Geheimdienstchef in einem heute erschienenen NZZ-Beitrag:

Der NDB-Direktor zeigte aber anhand eines älteren Falls – der IS-Zelle von Schaffhausen – auf, wie die Zusammenarbeit zwischen Geheimdienst und Justiz in etwa abläuft. «Der Originalhinweis kam von extern, wir haben diesen geprüft und verdichtet. Als wir konkrete Hinweise hatten, gingen wir zur Bundesanwaltschaft.» Bundesanwaltschaft (BA) und das Bundeskriminalamt ermittelten weiter und brachten den Fall vor das Bundesstrafgericht.

Das Gericht verurteilte im März drei der vier angeklagten Iraker zu Freiheitsstrafen wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation. Einer davon zog das Urteil ans Bundesgericht weiter. Gemäss Seiler wurden von den rund 60 Fällen, die bei der Bundesanwaltschaft im Zusammenhang mit Terrorismus, Al-Kaida oder IS-Verbot laufen, «der grösste Teil» vom NDB «ausgelöst oder mitausgelöst».

Man mag nun einwenden, der Westen müsse im Kampf gegen Terroristen halt auch zu unkonventionellen Methoden greifen. Das mag sein, aber das Einsatzgebiet des Nachrichtendienstes ist nicht auf Terrorismusbekämpfung beschränkt.