Die Geheimrichterin

Geheimdienste rufen nach Geheimjustiz. Diese geht so weit, dass nicht einmal rein statistisches Material publiziert werden soll. Das gemeine Publikum hat darauf zu vertrauen, dass eine Richterin in St. Gallen einen guten Job macht. Das heute im Tages-Anzeiger publizierte Interview ist nun aber nicht geeignet, dieses Vertrauen zu fördern.

Hier ein paar Zitate mit meinen Klammerbemerkungen, die man mir dank unseres Rechtsstaats bestimmt nachsehen wird:

Ich habe grossen Respekt vor der beschuldigten Person [für die Überwachung beschuldigter Personen ist weder der NDB noch die Richterin zuständig], aber auch vor dem Rechtsstaat, der sich bedroht fühlt und vielleicht bedroht ist [der Rechtsstaat kann allein durch Richter bedroht werden, die Sicherheit als Grundrecht anerkennen und die individuellen Abwehrrechte gegen den Staat missachten].

Auf die Feigenblattfunktion angesprochen: Das glaube ich nicht. Ich schliesse dies aus dem Kontakt mit dem Nachrichtendienst, als wir uns vorbereiteten [das schafft gegenseitiges Vertrauen!].

Wenn der NDB etwas behauptet, heisst das lange nicht, dass er etwas bekommt. Alles muss nachgewiesen werden [wenn das so wäre, gäbe es keine Überwachungen nach NDG].

In einem Antrag des NDB kann es heissen: Wir wollen in Operation X eine Wanze in Raum Y einsetzen, um beschuldigte Person Z zu überwachen [wenn es das wirklich heissen würde, ist auf das Gesuch nicht einzutreten. Dafür ist der NDB nicht zuständig].

Es gehört zum Schweizer System, dass man nur Richter werden kann, wenn man Parteimitglied ist. Ich selber bin ein völlig unabhängiger Mensch – so sehr, dass sich viele über mich nerven. Ich habe auch kein Problem, Entscheide zu fällen, die meiner Partei nicht gefallen [eigentlich bin ich nur in einer Partei, weil ich Richterin sein will].

Als ich jung war, sagte man uns: Hitler kam nicht, weil es die Schweizer Armee gab. Ich hatte als junge Frau das Gefühl, ich könne etwas zurückgeben [als ich älter wurde, sagte man mir, die Terroristen kämen nicht in die Schweiz, weil hier flächendeckend überwacht werde].

Und ich bin auch ein wenig stolz, dass eine linke Frau aus einer religiösen Minderheit eine solche Aufgabe übernehmen kann und nicht jemand aus der Elite mit Beziehungen in die oberen Kreise der Gesellschaft [wer gehört zur Elite, wenn nicht eine Richterin mit solchen Kompetenzen?]. Ich glaube, wir dürfen alle stolz sein, dass so etwas in der Schweiz möglich ist[das sind wir].