Die neue Lust am Strafen

Gestern hat der Tages-Anzeiger ein Essay von Bunderichter Oberholzer publiziert, das man allen zur Lektüre empfehlen muss, die sich mit Gesetzgebung beschäftigen.

Oberholzer enttarnt die ausufernde Strafrechtsgesetzgebung weitgehend als Symbolik und weist auf die Orientierungslosigkeit bei der Zielsetzung des Strafrechts hin (Repression oder Prävention oder beides?).

Oberholzer führt die Lust am Strafen auf die Wirkungen des Neoliberalismus zurück:

Mit der Abkehr vom sozialen Wohlfahrtsstaat und der Hinwendung zum Neoliberalismus neuer Prägung verschoben sich eine ganze Reihe von gesellschaftlichen Grundprinzipien.

In diesem einen Punkt würde ich widersprechen, aber ich bin nicht sicher, was der Autor unter “Neoliberalismus neuer Prägung” versteht.

Was Oberholzer nicht anspricht ist die Straflust der Strafjustiz selbst, die gesetzgeberische Vorgaben nur allzu gern noch erweitert und sich je länger je mehr von der in der Theorie unbestrittenen Überzeugung löst, Strafrecht sei als “ultima ratio” nur dort einzusetzen, wo andere Mittel versagen.