Godzilla: Extensiver Notwehrexzess nicht entschuldbar

Mit bemerkenswert deutlichen Worten kassiert das Bundesgericht den Freispruch der Freundin eines Kampfsportlers durch das Obergericht des Kantons Zürich (vgl. den damaligen Artikel auf NZZonline).

Das Bundesgericht qualifiziert das angefochtene Urteil “sowohl in prozessualer als auch materieller Hinsicht als bundesrechtswidrig” (BGer 853/2016 vom 18.10.2017). In prozessualer Hinsicht verkenne

die Vorinstanz ihre Prüfungskompetenz und scheint den Anwendungsbereich und Regelungsgehalt von Art. 391 und Art. 404 Abs. 1 StPO zu vermengen (E. 3.1).

Wichtiger war im vorliegenden Fall aber die materielle Seite der höchstgerichtlichen Kritik. Danach hätte Art. 16 StGB nicht zur Anwendung gebracht werden dürfen:
Gemäss Vorinstanz hat die Beschwerdegegnerin mindestens die Schüsse drei bis fünf abgegeben, nachdem der Angriff durch den Verstorbenen bereits erfolgreich abgewehrt und beendet war (…). Die letzten beiden Schüsse erfolgten zudem, als der Verstorbene regungs- und wehrlos am Boden lag und sind somit als zeitlicher, sogenannter extensiver Notwehrexzess zu qualifizieren. Die Vorinstanz scheint zu übersehen, dass gemäss gefestigter bundesgerichtlicher Rechtsprechung und einem Teil der Lehre bei einem extensiven Notwehrexzess grundsätzlich keine Notwehrsituation vorliegt und Art. 16 StGB nicht zur Anwendung gelangt (vgl. Urteile 6B_345/2013 vom 24. Oktober 2013 E. 4.3; 6B_466/2012 vom 8. November 2012 E. 3.4.2). Ob aufgrund des Tatablaufs, namentlich der zeitlich versetzten zwei Schussserien – bei denen die Vorinstanz hinsichtlich der Länge des zeitlichen Unterbruchs ohne Begründung von den übernommenen Sachverhaltsfeststellungen des Bezirksgerichts abweicht – und der Vorbereitung auf den Angriff durch die Mitnahme der geladenen Pistole (vgl. hierzu: Urteil 6B_632/2012 vom 30. Mai 2013 E. 3.7 f.) die Voraussetzungen eine Notwehrlage gemäss Art. 15 StGB in zeitlicher und sachlicher Hinsicht erfüllt sind und ob Art. 16 StGB überhaupt anwendbar ist, beantwortet die Vorinstanz nicht. Sollte dies nicht der Fall sein, wird sich die Vorinstanz auch dazu äussern müssen, ob die Beschwerdegegnerin die vorsätzliche Tötung allenfalls in einem nicht entschuldbaren Putativnotwehrexzess begangen hat (E. 3.2.2, Hervorhebungen durch mich).
Damit ist der Schuldspruch wohl vorprogrammiert.