Höchstrichterlicher Zynismus

Das Obergericht des Kantons Aargau muss einen Fall neu beurteilen, weil es gemäss Bundesgericht in mehrfacher Hinsicht “problematisch” vorgegangen ist (BGer 6B_760/2016 vom 29.06.2017). Ich verzichte darauf, die einzelnen Beanstandungen des Bundesgerichts zu zitieren, zumal es nicht einmal alle Rügen behandeln musste.

Die Rechtsfehler, für die das Obergericht AG immer wieder kritisiert wird, erstrecken sich nicht auf die Frage der Honorarkürzungen, die es immer wieder erfolgreich durchsetzt. Im vorliegenden Fall scheint auch das Bundesgericht Freude daran zu finden. Anders kann ich mir folgende zynisch wirkende Erwägung jedenfalls nicht erklären:

Da die Vorinstanz erst in ihrem Urteil über die Höhe des Honorars für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren entschied, ist nicht ersichtlich, inwiefern sie dadurch eine wirksame Verteidigung während des Berufungsverfahrens erschwert haben soll (E. 3.4).

U.a. wegen solcher Erwägungen sollte man amtliche Verteidigungen konsequent ablehnen, was man ja auch darf bzw. kann, ohne gegen das Gesetz zu verstossen. Rechtsstaatlich wäre das auch kein Problem, denn die richterlichen Fürsorgepflichten und diejenigen der Staatsanwaltschaft als objektivste Behörde der Welt tragen schon dafür Sorge, dass die Verbrecher ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.