SVG: was nicht erkennbar mangelhaft signalisiert ist, ist erkennbar

In Fünferbesetzung weist das Bundesgericht eine Beschwerde einer Automobilistin ab, welche u.a. gerügt hatte, sie habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit übersehen, weil sie vorschriftswidrig signalisiert war (BGer 6B_493/2015 vom 15.04.2016). Letzteres war zwar unbestritten, half der Beschwerdeführerin aber nicht.

Die Vorinstanz hatte erwogen, die Beschwerdeführerin sei unabhängig von der Rechtmässigkeit der Geschwindigkeitstafeln verpflichtet gewesen, die leicht und rechtzeitig erkennbare Signalisation “generell 50” zu beachten. Nichtig sei eine Signalisation nur, wenn die Mangelhaftigkeit der (im vorliegenden Fall ja übersehenen) Signalisation ohne Weiteres zu erkennen sei:

Diese Auffassung teilt das Bundesgericht:

Nach der Rechtsprechung vermögen Signale Fahrzeuglenker nur zu verpflichten, wenn sie so aufgestellt sind, dass sie leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Dabei ist als Massstab ein Fahrzeuglenker zu Grunde zu legen, der dem Strassenverkehr die notwendige und von ihm vernünftigerweise zu erwartende Aufmerksamkeit widmet (E. 2.3.2).

Nichtig ist nur, was erkennbar falsch ist:

Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass die Beschilderung den Vorgaben von Art. 103 SSV nicht entspricht. Von einer nichtigen Anordnung kann indessen keine Rede sein, zumal die Mangelhaftigkeit der Signalisation nicht ohne Weiteres zu erkennen ist (E. 2.3.2).

Entgegen seiner früheren Rechtsprechung (BGer 6P.100/2001 vom 26. September 2001, E. 1a; = BGE 127 IV 229) behandelt das Bundesgericht die Frage der Erkennbarkeit als Tatfrage. Ob das richtig ist, wage ich zu bezweifeln.

Umstritten war zudem auch die Verletzung des Anklagegrundsatzes. Diese Rüge wurde abgewiesen, allerdings mit einer Begründung, die ohne Kenntnis der Anklage nicht nachvollziehbar ist. Ob das der Grund für die Fünferbesetzung darin lag?