Verfahrensabtrennung als Disziplinarmassnahme?

Einer von vier Beschuldigten eines grösseren Wirtschaftsstrafprozesses hat es vorgezogen, den New York-Marathon zu laufen statt zur Hauptverhandlung zu erscheinen. Das zuständige Gericht trennte das Verfahren gegen den Läufer kurzerhand ab und verurteilte die anderen drei Beschuldigten.

Der Abtrennungsbeschluss wird durch alle Instanzen geschützt, zuletzt nun auch durch das Bundesgericht (BGer 1B_150/2017 vom 04.10.2017).

Es geht um einen aufwendigen und komplexen Wirtschaftsstraffall mit umfangreichen Akten (ca. 100 Ordner). Das Strafgericht, die anderen Angeklagten, alle Verteidiger, der Staatsanwalt und die vier erschienenen Privatkläger haben sich auf die Hauptverhandlung vom 7. November 2016 vorbereitet und sich entsprechend in den Fall eingearbeitet. Diesen grossen Aufwand hätte der Beschwerdeführer durch sein Fernbleiben zu einem erheblichen Teil zunichte gemacht, wenn die Vorinstanz – wie von ihm beantragt – für alle vier Angeklagten eine neue Hauptverhandlung angesetzt hätte. Dafür, dass der Beschwerdeführer zur neuen Hauptverhandlung mit allen vier Angeklagten erschienen wäre und nicht wieder einem privaten Anliegen den Vorzug gegeben hätte, hätte erst noch keine Gewähr bestanden. Im Gegenteil bestehen Anzeichen dafür, dass der Beschwerdeführer, der deutscher Staatsangehöriger ist und in seinem Heimatland wohnt, nicht gewillt ist, sich dem Verfahren vor dem Strafgericht zu stellen. Wenn die Vorinstanz diese verfahrens- und arbeitsökonomischen Gesichtspunkte berücksichtigt hat, ist das nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz durfte auch dem Umstand Rechnung tragen, dass einer der Mitangeklagten eigens aus Dubai zur Hauptverhandlung angereist war. Diesem war es nicht zumutbar, für eine neue Hauptverhandlung, zu welcher der Beschwerdeführer dann möglicherweise wieder nicht erschienen wäre, nochmals aus Dubai in die Schweiz zu fliegen.
Das Strafverfahren dauerte im November 2016 zudem schon rund 6 Jahre. Ein Strafverfahren stellt für den Beschuldigten eine Belastung dar. Die zur Hauptverhandlung vom 7. November 2016 erschienenen Angeklagten hatten aufgrund des Beschleunigungsgebots (Art. 5 Abs. 1 StPO) Anspruch darauf, dass die gegen sie erhobenen Vorwürfe nun endlich gerichtlich beurteilt würden. Wie im Schrifttum zutreffend ausgeführt wird, drängt sich eine Verfahrenstrennung auf, wenn die Sache für einzelne Mitbeschuldigte urteilsreif ist, während andere beispielsweise flüchtig sind (BERNARD BERTOSSA, in: Code de procédure pénale suisse, Commentaire Romand, 2011, N. 4 zu Art. 30 StPO). Im vorliegenden Fall befand sich der Beschwerdeführer zwar nicht auf der Flucht. Er erschwerte das Strafverfahren durch sein Fernbleiben aber in ähnlicher Weise. So wenig wie bei einem flüchtigen Beschuldigten brauchte das Strafgericht beim Beschwerdeführer darauf zu warten, bis er bereit sei, sich dem Hauptverfahren zu stellen.
Nach den Darlegungen der Vorinstanz drohte überdies teilweise die Verjährung, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet. Dies stellte einen zusätzlichen sachlichen Grund für die Verfahrenstrennung dar (oben E. 3.3) [E. 3.4].
Das Gericht ist im Übrigen nun nicht etwa vorbefasst:
Dafür, dass sich das Strafgericht im Urteil vom 21. November 2016 in einzelnen Bereichen bereits auf die (Mit) -Täterschaft des Beschwerdeführers festgelegt hat, enthalten die Akten keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil führen die beiden im Amt verbliebenen Strafrichter in ihren Eingaben vom 21. Dezember 2016 bzw. 23. Februar 2017 an die Vorinstanz aus, das Strafgericht habe sich nicht zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers geäussert; es habe diese bewusst ausgeklammert (E. 4.4).
Beim durchaus möglichen Freispruch (oder sogar Einstellung des Verfahrens?) werden die erstinstanzlich Verurteilten dann bestimmt in Revision gehen können.