Das Obergericht in der selbst gestellten Prozessfalle

Das Obergericht OW ist auf eine Beschwerde von X. wegen angeblich verpasster Rechtsmittelfrist nicht eingetreten. Die Kosten hat es Y., dem Anwalt von X. auferlegt, und zwar samt einer Parteientschädigung von CHF 2,000.00 an die Gegenpartei. Immerhin war es ja der Anwalt, der die Frist falsch berechnet haben soll.

Nun hebt das Bundesgericht den Entscheid des Obergerichts aber auf (BGE 6B_773/2017 vom 21.02.2018, Publikation in der AS vorgesehen). Der Anwalt hatte die Frist nämlich nicht verpasst. Hingegen wirft das Bundesgericht dem Obergericht vor, es habe einerseits selbst die Zustellungsvorschriften verletzt und andererseits auch noch die Beschwerdefrist falsch berechnet. Dass das Obergericht die Kosten auch ohnedies nicht dem Anwalt hätte auferlegen dürfen, musste nicht mehr entschieden werden.

Der Entscheid wird publiziert: Bei “A-Post Plus”-Sendungen werden darin enthaltene Fristen nicht durch Zugang in den Machtbereich des Empfängers ausgelöst, sondern durch tatsächliche Kenntnisnahme. Anwälte müssen daher auch in Zukunft nicht prüfen, wann ihnen die Post – hier war es ein Samstag – tatsächlich zugegangen ist:

Die Rechtsmittelfrist kann erst dann zu laufen beginnen, wenn die betroffene Person im Besitz aller für die erfolgreiche Wahrung ihrer Rechte wesentlichen Elemente ist (BGE 102 Ib 91 E. 3). Bestehen besondere Formvorschriften, darf an den blossen Zugang in den Machtbereich des Empfängers keine fristauslösende Wirkung geknüpft werden. Massgebend ist vielmehr die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Adressaten (a.M. SARARARD ARQUINT, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 85 StPO).  [E. 2.3.2,].

Nun stellt sich die Frage, wie konsequent die Richter in Obwalden sind. Eigentlich müssten sie die Kosten, die sie dem Anwalt auferlegen wollten, nun selbst tragen. Nicht der Anwalt, sondern sie selbst haben ihre Pflichten verletzt, und zwar gleich mehrfach. Aber so konsequent werden die Richter auch in Obwalden eher nicht sein.