Strafantrag: Vertretung / Ermächtigung

Das Strafantragsrecht ist ein höchstpersönliches Recht, das – je nach Verletzung der materiellen Rechtsgüter – gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts auch delegiert werden kann (Vertretung in der Erklärung und im Willen!) ausgeübt werden kann (BGer 6B_295/2020 vom 22.07.2020). Prozessual handelt es sich beim Strafantragsrecht um eine Prozessvoraussetzung, die im vorliegenden Fall bis vor Bundesgericht bestritten und offenbar auch unklar war. Die Prozessvoraussetzung darf bisweilen auch ohne konkreten Nachweis einer Vollmacht einfach angenommen werden

Das Recht, Strafantrag zu stellen, ist grundsätzlich höchstpersönlicher Natur und unübertragbar (BGE 141 IV 380 E. 2.3.4 S. 387; 130 IV 97 E. 2.1 S. 98 f.; je mit Hinweisen). Daraus folgt aber nicht, dass das Antragsrecht nicht auch von einem Vertreter ausgeübt werden kann (Vertretung in der Erklärung, Antragsbefugnis). Hierfür genügt die Erteilung einer generellen Vollmacht. Dem Vertreter kann darüber hinaus auch die Entscheidung übertragen werden, ob er Strafantrag stellen will (Vertretung im Willen). Dies gilt freilich nur, wo die Verletzung materieller Rechtsgüter in Frage steht, die nicht direkt von der Person des Berechtigten, sondern etwa vom Inhalt einer vertraglichen Beziehung abhängen (z.B. bei Hausfriedensbruch). Die Ermächtigung des Vertreters zur Antragstellung darf namentlich dann angenommen werden, wenn das betreffende Delikt materielle Rechtsgüter verletzt, mit deren Wahrung oder Verwaltung der Vertreter allgemein betraut ist (BGE 122 IV 207 E. 3c S. 209; 118 IV 167 E. 1b und c S. 169 ff.; Urteil 6B_924/2016 vom 24. März 2017 E. 4.3.1; je mit Hinweisen) [E. 1.4.3].  

Bei juristischen Personen kommen besondere Regeln zur Anwendung (vgl. dazu E. 1.4.4):

1.5.1. Vorliegend ist zunächst die eigene Strafantragsberechtigung der strafantragstellenden Person zu prüfen. D. war für die Beschwerdegegnerin 2 nicht zeichnungsberechtigt. Er hatte weder echte noch faktische Organstellung inne. Es kam ihm keine geschäftsführende Position im Unternehmen zu. Er war auch nicht verfügungsberechtigt über den betreffenden B.-Shop. Wie bereits ausgeführt, ist Träger des Hausrechts, wem die Verfügungsgewalt über die Sache zusteht. Wer nur dazu berechtigt ist, die Interessen der verfügungsberechtigten Person auszuüben, ist nicht selbst Hausrechtsinhaber (vgl. oben E. 1.4.1). D. kam die Rolle zu, die Interessen der Beschwerdegegnerin 2 als der Hausrechtsberechtigten wahrzunehmen. Er nahm durch die Ausführung dieser Tätigkeit aber keine eigenen Interessen wahr. Im Zusammenhang mit Aneignungsdelikten ist gemäss der Rechtsprechung darauf abzustellen, ob die Interessen einer Person am Gebrauch der Sache durch die Wegnahme derselben unmittelbar beeinträchtigt wurden (BGE 144 IV 49 E. 1.2 S. 51 mit Hinweisen). Darauf kann auch bei Hausfriedensbruch abgestellt werden. Eine solche unmittelbare Beeinträchtigung der Interessen ist bei einem Angestellten einer juristischen Person zu verneinen, wenn dieser keine Geschäftsführungsbefugnisse wahrnimmt (vgl. Urteile 6B_776/2016 vom 8. November 2016 E. 1.4.3 und 6B_762/2008 vom 8. Januar 2009 E. 3.5).   

1.5.2. D. kommt zwar gemäss den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ein Aufgabenbereich zu, zu welchem die Gewährleistung der Sicherheit und der Schutz von Kunden, Mitarbeitern und Gegenständen in den B.-Shops gehört. Es kommt ihm also eine Verantwortung zur Wahrung des Hausrechts innerhalb der Beschwerdegegnerin 2 zu. Er hat aber gleichwohl keine eigenen rechtlich geschützten Interessen an der Durchsetzung des Hausrechts, die durch dessen Verletzung unmittelbar beeinträchtigt würden. D. hat auch kein gleichgelagertes Interesse wie die Beschwerdegegnerin 2 (…). Der Vorinstanz ist zwar darin zu folgen, dass es unpraktikabel wäre, für jeden Strafantrag die Unterschrift eines zeichnungsberechtigten Mitarbeiters zu verlangen. Dies ist allerdings angesichts der Rechtsprechung zur Möglichkeit, einen Vertreter zur Strafantragstellung zu ermächtigen, auch nicht erforderlich. D. kam keine eigene Strafantragsberechtigung zu.  

Und im konkreten Fall?

1.6.1. Es stellt sich die Frage, ob D. den Strafantrag als ermächtigter Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 gestellt hat. Der Beschwerdeführer bringt zutreffend vor, dass keine Vollmacht bei den Akten liegt. Die Vorinstanz setzt sich mit dieser Frage nicht auseinander. Sie geht nicht darauf ein, ob D. den Strafantrag in eigenem Namen gestellt oder auf ein allfälliges Stellvertretungsverhältnis hingewiesen hat. Auch der Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin 2 ist hierzu nichts zu entnehmen. Diese weist zwar auf eine interne Unterschriftenregelung hin, macht aber nicht geltend, dass in Bezug auf D. eine solche Regelung bestanden habe. Hingegen stellt die Vorinstanz verbindlich fest, dass D. durch die Hausrechtsinhaberin mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit in den B. -Shops beauftragt worden ist. Es war seine Aufgabe, im Interesse der Beschwerdegegnerin 2 für die Sicherheit und den Schutz von Kunden, Mitarbeitern und Gegenständen besorgt zu sein und es oblag ihm eine besondere Verantwortung für das Aufrechterhalten der Sicherheit und die Ausübung des Hausrechts. Ergänzend kann dem erstinstanzlichen Urteil entnommen werden, dass D. ein Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin 2 war. Aus den Akten geht sodann hervor, dass er den Strafantrag nicht in eigenem Namen, sondern als Vertreter im Namen der Beschwerdegegnerin 2 gestellt hat.   

1.6.2. D. war als Angestellter der Beschwerdegegnerin 2 zur Wahrung des durch den Beschwerdeführer verletzten Hausrechts in den B.-Shops zuständig. Er hat den Strafantrag als Vertreter für die geschädigte Beschwerdegegnerin 2 gestellt. Es ist sodann davon auszugehen, dass der Strafantrag nicht gegen den Willen der Gesellschaft gestellt wurde. D. ist aufgrund seiner Funktion zur Wahrung des Hausrechts verpflichtet und als zur Antragstellung im Namen der Beschwerdegegnerin 2 ermächtigt anzusehen. Es liegt ein gültiger Strafantrag vor. Der Schuldspruch wegen Hausfriedensbruchs ist zu bestätigen.  

Damit hat das Bundesgericht auch geklärt, wer in diesem Strafverfahren Partei war, jedenfalls teilweise: welche Rolle die Beschwerdegegnerinnen 3 innehatten, geht aus dem Entscheid nicht hervor.