Straflosigkeit des untauglichen Tatsubjekts

Wer als Zeuge einvernommen wird, tatsächlich aber als beschuldigte Person hätte einvernommen werden müssen, kann sich weder des falschen Zeugnisses noch des Versuchs strafbar machen:

Zutreffend sieht [die herrschende Lehre] den Grund für die Straflosigkeit darin, dass nur die Zuwiderhandlung gegen tatsächliche, nicht aber bloss eingebildete Pflichten Unrecht sein könne (E. 1.5).

In einem knapp begründeten und belegten Grundsatzentscheid schliesst sich das Bundesgericht der überzeugenden ganz herrschenden Lehre ohne eigene Überlegungen an (BGE 6B_1022/2020 vom 02.06.2021, Publikation in der AS vorgesehen).

Dass es auch Ausnahmen von diesem Grundsatz geben könnte, deutet das Bundesgericht obiter an:

Übereinstimmend anerkennen sie, dass der Grundsatz aus den oben erwähnten Gründen jedenfalls im Fall von Sonderdelikten gelten müsse, bei denen die Sonderpflicht durch den Status des Täters (etwa als Amtsträger, Arbeitgeber oder Willensvollstrecker) begründet ist. Demgegenüber wird in Frage gezogen bzw. abgelehnt, von einem Fall eines (straflosen) untauglichen Subjekts dann zu sprechen, wenn sich die Sonderpflicht auf andere Weise (als durch die Person des Täters) durch eine bestimmte Situation ergibt, es sich mithin um situationsbedingte Pflichten handelt, die jedermann treffen können (vgl. NIGGLI/MAEDER, a.a.O., N. 39 zu Art. 22 StGB; HURTADO POZO, a.a.O., Rz. 1017, STRATENWERTH, a.a.O., S. 353 f.). Wie es sich in diesen letztgenannten Fällen verhält, braucht hier mangels Vorliegens einer entsprechenden Konstellation jedoch nicht weiter vertieft zu werden (E. 1.5).