Treuwidrige Beschwerde

Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung eines Automobilisten, der positiv auf Cannabis getestet worden war (BGer 6B_1139/2020 vom 08.07.2021). Gerügt hat er u.a. die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und des Gehörsanspruchs. Darauf trat das Bundesgericht aber nicht ein, was es auf seine in E. 3.3 wiedergegebene Regel stützt:

Es verstösst gegen Treu und Glauben und das Verbot des Rechtsmissbrauchs, verfahrensrechtliche Mängel erst in einem späteren Verfahrensstadium geltend zu machen, wenn der Einwand schon vorher hätte festgestellt und gerügt werden können (BGE 143 V 66 E. 4.3; 135 I 91 E. 2.1; Urteile 6B_880/2020 vom 1. Februar 2021 E. 1.7; 6B_217/2020 vom 31. August 2020 E. 2; je mit Hinweisen) [E. 3.3].

Konkret machte der Beschwerdeführer vor Bundesgericht geltend,

[D]ie Staatsanwaltschaft habe erstmals in der vorinstanzlichen Hauptverhandlung Zweifel daran geäussert, dass die freiwillige Urinprobe vom Beschwerdeführer stamme. Diesen Zweifeln habe sich die Vorinstanz angeschlossen. Indem die Staatsanwaltschaft trotz bestehender Zweifel keine weiteren Abklärungen vorgenommen habe, habe sie den Untersuchungsgrundsatz verletzt, was sich nicht zu seinem Nachteil auswirken dürfe. Ebenso habe sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 107 Abs. 1 lit. d und e StPO verletzt, indem er sich nicht zu den Zweifeln habe äussern und keine Beweisanträge habe stellen können, um diese auszuräumen [E. 3.1]. 

Der Beschwerdeführer hätte somit in der Verhandlung selbst entsprechende Beweisanträge stellen müssen (welche eigentlich?), obwohl der Untersuchungsgrundsatz die Strafbehörden verpflichtet. Hätte die Vorinstanz in dubio freigesprochen, hätte das Bundesgericht die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wohl gutgeheissen (vgl. dazu meinen früheren Beitrag).