Untersuchungshaft / Sicherheitshaft

Es gibt Bundesgerichtsentscheide, bei denen man schon nach der Sachverhaltsdarstellung das Ergebnis kennt. Hier ein aktuelles Beispiel (BGer 1B_380/2022 vom 28.07.2022):

Am 10. Juni 2022 ersuchte A. um Entlassung aus der Untersuchungshaft. Dieses Gesuch wies das Zwangsmassnahmengericht mit Verfügung vom 17. Juni 2022 ab. Dagegen reichte A. am 27. Juni 2022 eine Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich ein. 

Die Staatsanwaltschaft erhob am 24. Juni 2022 Anklage beim Bezirksgericht Dielsdorf. In der Folge eröffnete dieses am 30. Juni 2022 ein Verfahren betreffend die Strafsache sowie ein Verfahren betreffend Anordnung von Sicherheitshaft. Letztere wurde am 8. Juli 2022 durch das Zwangsmassnahmengericht angeordnet. Mit Beschluss vom 11. Juli 2022 schrieb das Obergericht das Beschwerdeverfahren betreffend Haftentlassung zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt ab (Dispositiv-Ziffer 1). Zur Begründung führte es aus, die Inhaftierung von A. basiere nunmehr auf der Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 8. Juli 2022, mit welcher Sicherheitshaft angeordnet worden sei, mithin auf einer neuen rechtlichen Grundlage. A. befinde sich folglich nicht mehr in Untersuchungshaft und somit sei das Anfechtungsobjekt des Beschwerde-verfahrens weggefallen

Man beachte auch die Datumsangaben und die Dauer des Verfahrens. Ich verzichte aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, die der Vorinstanz offenbar nicht bekannt war, die Hauptbegründung des Bundesgerichts zu zitieren, denn es gab noch einen weiteren Punkt, auf den das Bundesgericht hinweisen musste:

Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer gemäss seinen unbestritten gebliebenen Ausführung offenbar keine Gelegenheit, sich zur Anordnung der Sicherheitshaft vernehmen zu lassen. Selbst wenn er sich hätte äussern können, wäre es dem Beschwerdeführer jedoch – insbesondere auch mit Blick auf das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen (Art. 5 Abs. 2 StPO) – nicht zuzumuten, das Verfahren auf Haftentlassung bzw. Haftprüfung erneut von vorne in Gang zu setzen, indem er die Anordnung der Sicherheitshaft anfechten müsste (E. 2).

Wenn ein Polizist einen Festgenommenen ein paar Stunden zu lange festhält, riskiert er aufsichts- und strafrechtliche Verfahren.