Beschlagnahme des Geschäftsautos

Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen (Art. 197 Abs. 2 StPO). Ob dies auch bei einer juristischen Person gilt, welche ihren Personenwagen ihrem einzelzeichnungsberechtigten Mitglied des VR und dessen Delegierten zur Verfügung stellt, zweifelt das Bundesgericht an, lässt die Frage dann aber offen (BGer 1B_492/2022 vom 09.11.2022):

Es ist fraglich, ob Art. 197 Abs. 2 StPO (besondere Zurückhaltung bei Zwangsmassnahmen gegenüber nicht beschuldigten Personen) in Fällen wie dem vorliegenden überhaupt zur Anwendung gelangt: Nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz ist B. einzelzeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrats und zugleich – als dessen Delegierter – Geschäftsführer der von der Beschwerdeführerin betriebenen Unternehmung. In einer vergleichbaren Konstellation hat es das Bundesgericht abgelehnt, die beschwerdeführende juristische Person als unbeteiligte Drittperson zu behandeln (vgl. BGE 140 IV 57 E. 4.1.2; Urteile 6B_332/2022 vom 2. Juni 2022 E. 2.3; 1B_208/2015 vom 2. November 2015 E. 5; je mit Hinweisen). Indes kann die Frage vorliegend offenbleiben (E. 2.2.3).

Hier ging es um die Beschlagnahme eines Geschäftsautos, das einem Geschäftsführer mit “stark getrübtem” automobilistischen Leumund zur Verfügung stand. Grundlage für die Beschlagnahme war die mögliche EInziehung nach Art. 90a SVG:

Nach Art. 90a Abs. 1 SVG kann das Strafgericht die Einziehung eines Motorfahrzeugs anordnen, wenn (lit. a) damit eine grobe Verkehrsregelverletzung in skrupelloser Weise begangen wurde, und (lit. b) der Täter durch die Einziehung von weiteren groben Verkehrsregelverletzungen abgehalten werden kann. Die Einziehungsvoraussetzungen von Art. 90a Abs. 1 lit. a SVG dürften bei qualifiziert groben Verkehrsdelikten (im Sinne von Art. 90 Abs. 3 und Abs. 4 SVG) in der Regel erfüllt sein. Eine mögliche Einziehung ist aber nicht auf diese Fälle beschränkt, sondern fällt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch bei (nicht qualifiziert) groben Verkehrsregelverletzungen im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG in Betracht (BGE 140 IV 133 E. 3.4; 139 IV 250 E. 2.3.3). Dasselbe gilt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch für das Führen eines Fahrzeugs ohne entsprechenden Führerausweis (Art. 95 Abs. 1 SVG), wenn die betreffende Person aus demselben Grund schon verurteilt worden ist (Urteil 1B_556/2017 vom 5. Juni 2018 E. 4.2 mit Hinweis). 

Die Voraussetzungen für eine Einziehung bzw, Beschlagnahme sind nach dieser Rechtsprechung denkbar tief und können offenbar auch Dritte betreffen.