Der Staatsanwalt als Hilfsverteidiger?

Das Obergericht TG hat einer Beschuldigten die amtliche Verteidigung in einem Berufungsverfahren verweigert. Dabei hat es u.a. argumentiert, die Staatsanwaltschaft müsse ja auch die entlastenden Umstände beachten (Art. 6 Abs. 2 StPO). Dieses „Killerargument“ überzeugte das Bundesgericht aber zu Recht nicht (BGer 7B_288/2025 vom 21.07.2025):

Soweit die Vorinstanz sinngemäss auf die gesetzlich verankerte Pflicht der Staatsanwaltschaft verweist, die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu untersuchen (vgl. Art. 6 Abs. 2 StPO), ist mit der Beschwerdeführerin festzuhalten, dass die Staatsanwaltschaft nach Anklageerhebung zur Partei wird (Art. 104 Abs. 1 lit. c StPO), welche die Anklage zu vertreten hat (Art. 16 Abs. 2 StPO) und nicht mehr zur Unparteilichkeit verpflichtet ist (BGE 141 IV 178 E. 3.2.2; Urteil 7B_605/2023 vom 17. Juli 2024 E. 3.1; je mit Hinweisen). Der vorinstanzlichen Argumentation kann insofern nicht zugestimmt werden (E. 3.6.3).