Exzessive Abwehr des Angriffs auf das Hausrecht
Wer einen Einbrecher mit einem Messer angreift, handelt in Notwehr und muss – falls er sich überhaupt strafbar gemacht hat – milder bestraft werden (Art. 16 Abs. 1 StGB). Die Notwehrlage erkannt das Bundesgericht deshalb, weil es dem Angreifer um die Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs auf das Hausrecht ging (BGer 6B_113/2025 vom 11.06.2025):
Zum Zeitpunkt der Messerattacke dauerte der rechtswidrige Angriff auf das Hausrecht an. Daran ändert auch die Möglichkeit der Flucht nichts. Auch wenn der Beschwerdeführer geflüchtet wäre, hätte der Angriff auf sein Hausrecht fortbestanden. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz lag somit auch in der zweiten Phase der Auseinandersetzung eine Notwehrlage im Sinne von Art. 15 StGB vor (E. 2.3.1).
Die Beschwerde wurde gutgeheissen, damit die Vorinstanz trotz des festgestellten Exzesses die Strafmilderung berücksichtigen muss.
@kj: also von einem „Einbruch“ kann man im Urteil nichts lesen….Ihre Annahme ist somit unzutreffend und irreführend.
@anonym: warum war das denn kein Einbruch?
@kj: die „Vorgeschichte“ ergibt sich m.E. relativ klar aus E. 1.2.1. – das sieht eher nach einem Vertragsverhältnis der Parteien aus (Miete oder ähnliches).
@Anonym: der Täter hat sein Hausrecht verteidigt. Die Notwehrlage hat das Bundesgericht ausdrücklich anerkannt. OK, kein Einbrecher im herkömmlichen Sinn. Aber ein „Eindringling“ allemal.
Zum hier nicht diskutierten rechtsmedizinischen Gutachten (E.1.3.3):
1. Beschwerdeführer und -gegner widersprechen sich bezüglich Tatablauf (E. 1.2.2 und 1.3.1). Dann ist die Rüge des Verteidigers des Bf berechtigt, die Formulierung des Gutachtensauftrags sei rechtswidrig (weil potentiell beeinflussend), indem die Sta darin eine bestimmten Tatablauf schildert.
2. Folglich sind dies auch keine „Tatsachen“, sondern Vermutungen, die der Gutachterin präsentiert werden und gibt „die Sichtweise der Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt der Auftragserteilung“ eben nicht „sachlich“ wieder, sondern spekulativ.
3. Das BGer widerspricht sich gleich danach, indem es von der „These der Staatsanwaltschaft“ schreibt.
4. Warum die Gutachterin die Fotos (der Verletzungen) dem Gutachten nicht beilegt, sondern erst angefordert werden müssen, widerspricht der Dokumentationspflicht (Nachvollziehbarkeit und Prüfbarkeit der gutachterlichen Folgerungen).
5. Und wozu die Gutachterin „die Einvernahmeprotokolle des Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners“ benötigt, um ihren Auftrag auszuführen, ist nicht ersichtlich – im Gegenteil potentiell beeinflussend.
Vor diesem Hintergrund lapidar zu behaupten, die Begutachtung sei unabhängig erfolgt, ist willkürlich (Jacquemoud-Rossari, von Felten, Guidon).
Früher stützte sich das BGer (noch 2015 auch Jacquemoud-Rossari: 6B_884/2014, E.3.4.2) stets auf die präzisen Standards von Marc Helfenstein (Der Sachverständigenbeweis im schweizerischen Strafprozess, Diss. ZH 1978), der all das oben Genannte einforderte. Mittlerweile ignoriert das BGer Helfenstein völlig.