Gutachten aufgrund unvollständiger Akten

Ein Patient stellte gegen einen Chirurgen Strafantrag wegen einfacher Körperverletzung. Der Chirurg hatte dem Patienten entgegen dessen Weisungen ein Implantat ohne vorsorglichen Einsatz von Antibiotika entfernt, was zu einer Wundinfektion und drei weiteren Operationen führte. Das Verfahren wurde vom Bezirksamt Frauenfeld zunächst eingestellt, musste dann aber auf Beschwerde des Patienten hin wieder aufgenommen werden. Nachdem ein Gutachten erstellt wurde, erfolgte ein neuerlicher Einstellungsentscheid, den der Patient wiederum anfocht, diesmal aber vorerst ohne Erfolg. Der Kassationshof hiess eine dagegen gerichtete Willkürbeschwerde mit BGE 6S.143/2005 vom 27.10.2005 gut, weil das Gutachten auf zweifelhaften Grundlagen beruhte:

Vielmehr ergibt sich aus dem Gutachten, dass lediglich einzelne Aktenstücke aus der gesamten Krankengeschichte zur Verfügung standen und dass ungewiss ist, ob diese „repräsentativ“ sind. Auch eine repräsentative Auswahl von Akten würde keine genügende Grundlage für eine Begutachtung abgeben. […].

Somit beruht das Gutachten auf einer unklaren und damit zweifelhaften Aktengrundlage. […]. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass für die Begutachtung alle massgeblichen Unterlagen zur Verfügung standen (E. 3.2).