Neuer Adhäsionsgerichtsstand

Ein Urteil des Bundesgerichts (6P.190/2006 vom 30.05.2007), das mir hier noch abhanden gekommen war, ist mir gestern durch eine Kommentierung im Jusletter wieder begegnet (Dasser, Ein neuer Gerichtsstand für Adhäsionsklagen im IPRG, Jusletter vom 20.08.2007, kostenpflichtig). In diesem Entscheid hat das Bundesgericht Art. 129 IPRG um einen Adhäsionsgerichtsstand erweitert, was Dasser mit guten Gründen nicht vollends überzeugt.

Das Problem im beurteilten Fall war, dass beim zuständigen Strafrichter kein Handlungs- oder Erfolgsort auszumachen war. Diese Lücke (?) schloss das Bundesgericht:

Wenn nun aber die Garantie des Wohnsitzgerichtsstands auch im internationalen Verhältnis, soweit möglich, verwirklicht werden wollte, bis dahin jedoch unbestrittenermassen diese Garantie einer adhäsionsweisen Beurteilung von Zivilansprüchen im Strafprozess gerade nicht entgegenstand bzw. hierfür die strafrechtlichen Zuständigkeitsbestimmungen massgebend blieben, so ist das Schweigen des IPRG zum Adhäsionsprozess nicht dahin zu verstehen, dass von dieser in der Schweiz geltenden Ordnung internationalrechtlich abgewichen werden wollte (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 1 lit. a OHG [SR 312.5] und Art. 28 GestG) (E. 9.4).

In der Folge genügte es dem Bundesgericht, dass das kantonale Recht die Adhäsionsklage kennt:

Das Strafprozessrecht des Kantons St. Gallen lässt Adhäsionsklagen ausdrücklich zu (Art. 43 Abs. 1 StP/SG). Einer adhäsionsweisen Geltendmachung der Zivilansprüche am Strafgerichtsstand steht folglich nichts entgegen. Das Kreisgericht Alttoggenburg-Wil hat mit anderen Worten seine Zuständigkeit zur Beurteilung der Zivilklagen im Grundsatz zu Recht bejaht (E. 9.5).

Zu verdanken ist der Entscheid übrigens zwei Anwälten, welche auf ziemlich naive Weise auf einen Anlagebetrüger hereingefallen waren. Das Bundesgericht hat die Arglist aber gerade noch bejahen können:

Zusammenfassend ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer inszenierten Anlagegeschäfte geeignet waren, auch in Finanzgeschäften bewanderte Anleger zu täuschen. Die Geschädigten haben ihr Geld zwar fahrlässig, aber nicht leichtsinnig investiert (E. 7.4).