Rassendiskriminierende Gewaltdelikte?
In einem zur BGE-Publikation vorgesehenen Entscheid hat sich das Bundesgericht zum Verhältnis zwischen Körperverletzung und Rassendiskriminierung auseinandersetzen müssen (6P.232/2006 vom 05.07.2007). Anlass dazu gab folgender Sachverhalt:
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern wirft X. vor, zusammen mit einem Mittäter drei tätliche Angriffe auf Ausländer verübt zu haben. Die beiden Männer sollen am 14., 15. und 21. Mai 2002 jeweils kurz nach Mitternacht an der Bernstrasse in Luzern drei verschiedene Personen verprügelt und verletzt haben, nämlich am 14. und am 15. Mai 2002 je einen Tamilen und am 21. Mai 2002 A. aus dem ehemaligen Jugoslawien. Dabei sollen sie gegen die Opfer mit Stahlkappen verstärkte Schuhe und am 21. Mai 2002 zudem den Gehstock des Opfers eingesetzt haben. Das Motiv soll in der rechtsradikalen Grundeinstellung und im Fremdenhass gelegen haben.
Der Beschwerdeführer X. wurde vom Obergericht des Kantons Luzern u.a. wegen schwerer Körperverletzung (Art. 122 Abs. 3 StGB) und mehrfacher Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB) verurteilt. Das Bundesgericht heisst seine Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut. Er habe nicht zusätzlich den Tatbestand der Rassendiskriminierung erfüllt. Aus der Begründung:
Die beiden Vorfälle vom 14. und 15. Mai 2002 würden neben den einschlägigen Körperverletzungstatbeständen auch den objektiven Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB erfüllen, wenn der Beschwerdeführer und sein Mittäter entsprechend der Einschätzung der Vorinstanz aufgrund ihrer Aufmachung als „Neonazis“ beziehungsweise „Rechtsextreme“ erkennbar gewesen wären. Dieser Einschätzung der Vorinstanz kann indessen in Anbetracht der in den Akten enthaltenen polizeilichen Fotoaufnahmen nicht gefolgt werden (E. 9.3.3, Hervorhebungen durch mich).
Wieso dies im konkreten Fall nicht zutraf, wird ausführlich begründet. Hier nur ein kurzer Ausschnitt:
Entgegen der Meinung der Vorinstanz ist es nicht allgemein bekannt, dass von Rechtsextremen getragene Bomberjacken ein oranges Innenfutter aufweisen. Im Gegenteil, ist doch die orange Farbe das Kennzeichen zahlreicher demokratischer Parteien in Europa (E. 9.3.4).
Das Bundesgericht nennt freilich zahlreiche überzeugende Argumente gegen den Entscheid der Vorinstanz. Ich verweise auf den Link zum Entscheid.
Apropos Rassendiskriminierung: Die PDA in Zürich rekurriert anscheinend gegen die Einstellungsverfügung der Zürcher Staatsanwaltschaft in Sachen „Schaf“-Plakat. Wieso ist die PDA dazu überhaupt befugt? Ich war ja schon erstaunt, als die Staatsanwaltschaft öffentlich verlauten liess, das Plakat sei „fremdenfeindlich“, aber nicht rassistisch im strafrechtlichen Sinn. Dieser Rekurs erstaunt mich nun aber umso mehr!
Ein typisches Urteil unserer postmodernen Zeit – alles ist möglich – schliesslich könnte ja auch einmal ein rechtschaffener Anwalt (Mitglied der FDP) eine grüne Bomberjacken mit orangen Innenfutter tragen – hoffentlich trägt er dann aber nicht schwarze Springerstiefel mit weissen Schnürsenkeln sondern englische Cavalo Derby Schuhe aus Boxcalf