Rückforderung der Verteidigungskosten – unentgeltliche Rechtspflege?

In Fünferbesetzung schützt das Bundesgericht einen Kostenentscheid des Zürcher Obergerichts (BGer 6B_413/2009 vom 13.08.2009), welches einem Verurteilten ohne dessen finanzielle Verhältnisse „abschliessend“ zu klären Verfahrenskosten inkl. Kosten der amtlichen Verteidigung auferlegte:

Das Obergericht hat die prozessuale Bedürftigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des Entscheids nicht abschliessend geprüft. Es durfte aufgrund der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung seiner geringen Auslagen jedoch davon ausgehen, dass es diesem möglich sein wird, für einen Teil der Gerichts- und Anwaltskosten aufzukommen. Dies ist mit der in BGE 135 I 91 wiedergegebenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. supra E. 1.2.3) insofern vereinbar, als sich aus der von der Vorinstanz angerufenen Bestimmung von § 190a StPO/ZH ergibt, dass die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers auch beim Bezug der auferlegten Kosten zu berücksichtigen sind. Gemäss der zürcherischen Praxis verlangt § 190a StPO nicht, dass bereits im Strafentscheid darüber befunden wird, ob der Betroffene von der Tragung der auferlegten Kosten zu befreien ist. § 190a StPO/ZH lässt vielmehr ausdrücklich zu, dass erst beim Bezug der Kosten auf die Verhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen wird (Urteil des Kassationsgerichts Nr. AC040061/U vom 30. August 2004 E. 2b/aa, mit Hinweisen; Niklaus Schmid, in: Donatsch/Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, 1996 ff., N. 9 zu § 190a StPO/ZH). Dies drängt sich insbesondere auf, wenn die persönliche und finanzielle Situation des Verurteilten sowie deren Entwicklung schlecht überblickbar sind (Niklaus Schmid, a.a.O., N. 9 zu § 190a StPO/ZH). Eine Ausnahme besteht einzig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidfällung feststeht, dass der Betroffene nicht in der Lage ist und auch in absehbarer Zukunft nicht sein wird, die ihm auferlegten Kosten zu bezahlen (Urteil des Kassationsgerichts Nr. AC040061/U vom 30. August 2004 E. 2b/aa).

Der Kanton Zürich verfügt mit § 190a StPO/ZH über eine gesetzliche Grundlage und eine entsprechende Praxis, wonach die finanziellen Verhältnisse des Verurteilen auch beim Bezug der auferlegten Kosten zu prüfen sind. Eine verfassungskonforme Auslegung des zürcherischen Strafprozessrechts verpflichtet die Behörden, betreibungsrechtliche Schritte gegen den Beschwerdeführer zu unterlassen, solange dieser nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, und die ihm auferlegten Kosten gänzlich abzuschreiben, sollte er die Mittel für die Bezahlung auch in absehbarer Zeit nicht aufbringen können. Eine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV ist mit Blick auf die kantonalrechtliche Bestimmung von § 190a StPO/ZH nicht auszumachen (E. 1.7).

Damit wird die Verantwortung für die unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 29 Abs. 3 BV an die Verwaltung delegiert, die dann wohl den richterlichen Entscheid neu zu beurteilen hat. Ob das tatsächlich im Sinne des Gesetzgebers war?

§ 190a StPO/ZH lautet übrigens wie folgt:

Bei Bemessung, Auflage und Bezug der Kosten ist den Verhältnissen des Betroffenen Rechnung zu tragen.