Bestandesdaten oder Verbindungsdaten?

Bei der Frage, ob Datenerhebungen bei Internet-Serviceprovidern bewilligungspflichtig ist oder nicht, muss zwischen blossen Bestandesdaten (bewlligungsfrei) und eigentlichen Verbindungsdaten (bewilligungspflichtige Teilnehmeridentifiaktion nach Art. 273 Abs. 1 StPO) unterschieden werden. Die Verwertung von ohne Bewilligung eingeholten Verbindungsdaten ist absolut verboten (BGer 6B_656/2015 vom 16.12.2016, Fünferbesetzung). Die hier zu beurteilenden Auskünfte enthielten Informationen darüber, wann die fraglichen E-Mail-Adressen und die Nachrichten erstellt wurden sowie über welche IP-Adressen und Provider die Adressen generiert und die E-Mails verschickt wurden. Anhand dieser Informationen konnten die Strafbehörden ermitteln, wann und insbesondere von wo aus der Versand der E-Mails erfolgte. Nach Bundesgericht waren diese Auskünfte bewilligungspflichtig.

Hier die Unterscheidungskriterien nach Hansjakob (und nun auch nach Bundesgericht):

Bei sog. Bestandesdaten-Auskünften nach Art. 14 Abs. 1 BÜPF sind die Anschlüsse den Strafverfolgungsbehörden bereits bekannt („bestimmte Fernmeldeanschlüsse“), und es wird den auskunftsberechtigten Behörden lediglich mitgeteilt, wer als Inhaber bzw. Rechnungsadressat dieses Anschlusses bei den Anbieterinnen registriert ist. Es werden also lediglich Bestandesdaten mitgeteilt, aber keine Verbindungsdaten zu Kommunikationen erhoben. Eine richterliche Bewilligung ist hier nicht erforderlich (vgl. THOMAS HANSJAKOB, forum poenale 2013, S. 176 f.). Von der blossen Bestandesdaten-Auskunft über registrierte Fernmeldeanschlüsse nach Art. 14 BÜPF zu unterscheiden ist die Erhebung von Verbindungs-Randdaten bzw. die Teilnehmeridentifikation im Sinne von Art. 273 Abs. 1 StPO: Dabei werden Teilnehmer an konkreten Fernmeldeverbindungen über einen gewissen Zeitraum hinweg identifiziert („Verbindung hat oder gehabt hat“). Das heisst, es werden Verkehrsdaten von Kommunikationen erhoben und gestützt darauf Anschlüsse und Teilnehmer identifiziert. Hier muss der dringende Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens (Art. 273 Abs. 1 StPO) vorliegen. Ausserdem muss die Verbindungsdaten-Erhebung richterlich bewilligt werden (Art. 273 Abs. 2 StPO; BGE 141 IV 108 E. 6.2 S. 128 f.) [E. 1.3.1].

Schwierigkeiten bieten die „untypischen“ Bestandesdatenerhebungen:

Gewisse Abgrenzungsfragen stellen sich, wenn der (Internet-) Anschluss den Strafverfolgungsbehörden nicht bereits bekannt ist, also wenn kein „typischer“ Fall einer Bestandesdaten-Abfrage im Sinne von Art. 14 Abs. 1 BÜPF vorliegt. Falls bei Untersuchungen wegen Internetdelikten bereits eine E-Mail-Adresse bzw. ein Internetanschluss bekannt ist, stellt die Ermittlung der betreffenden Registrierungsdaten grundsätzlich eine Bestandesdatenabfrage im Sinne von Art. 14 Abs. 4 BÜPF dar (vgl. THOMAS HANSJAKOB, a.a.O., S. 177; DERS., in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl., 2014, N. 8 zu Art. 273). Wenn den Strafverfolgungsbehörden hingegen lediglich strafbare Internet-Kommunikationsaktivitäten bekannt geworden sind und über die Verbindungs-Randdaten der betreffenden Internet-Kommunikation die zugewiesenen IP-Adressen und registrierten Kunden erst eruiert werden sollen (sogenannte „IP-History“), sind bei Überwachungen die Vorschriften von Art. 273 StPO anwendbar (vgl. Botschaft vom 27. Februar 2013 zum Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, BBl 2013 2683, 2743 f. Ziff. 2.6; BGE 126 I 50 E. 5-6 S. 60-67). Bei Erhebungen gemäss Art. 14 Abs. 4 BÜPF wird nur abgeklärt, wer einen  bestimmten Internet-Anschluss benützt hat. Randdatenerhebungen nach Art. 273 StPO liegen demgegenüber vor, wenn eruiert werden soll, „wer wann mit wem“ über das Internet „kommuniziert“ hat (THOMAS H ansjakob, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, a.a.O., N. 8 zu Art. 273; zum Ganzen: BGE 141 IV 108 E. 5.1 S. 120 und E. 6.2 S. 128 f. mit Hinweisen) [E. 1.3.2, Hervorhebungen durch mich].

Zur Frage, wie es um die Verwertbarkeit von Informationen steht, die teilweise entlastend sind:

Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdeführer, wenn er geltend macht, es seien gewisse entlastende Indizien gleichwohl zu berücksichtigen. Zwar kann die beschuldigte Person die Verwertung von rechtswidrig erlangten Beweisen verlangen, wenn sie diese entlastend findet. Sie kann jedoch nicht lediglich einzelne Tatsachen zur Auswertung freigeben wollen, im Übrigen aber auf dem Verwertungsverbot beharren (MARC JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 277 StPO) [E. 1.4.3].

Hierzu hätte man sich eine einlässlichere Darstellung gewünscht.

Nicht beantwortet wurde die Frage, wie es sich wie hier bei freiwillig herausgegebenen Daten eines ausländischen Providers verhält. Gäbe es da nicht ganz gute Gründe pro Verwertbarkeit?