Entsiegelung beschlagnahmter Anwaltsakten

Das Bundesgericht tritt auf zwei Beschwerden eines Anwalts mangels nicht wiedergutzumachenden Nachteils nicht ein (BGer 1B_351/2010 vom 14.01.2011). Die Beschwerde richtete sich gegen die Anordnung einer Triage:

Danach sollten am 3. November 2010 mit Ausnahme des Personalcomputers und der Serverdaten sämtliche Unterlagen vorübergehend zur Sichtung entsiegelt werden. Der Untersuchungsrichter und der Angeschuldigte seien zum Erscheinen verpflichtet. Für die Sichtung wurde die Bildung von drei Kategorien vorgesehen. Kategorie A umfasse jene Unterlagen, welche sowohl vom Angeschuldigten als auch vom Untersuchungsrichter als für die Untersuchung relevant bezeichnet würden, Kategorie B jene, welche nach beidseitiger Ansicht für die Untersuchung nicht relevant seien und Kategorie C schliesslich die verbleibenden, welche zwar der Untersuchungsrichter, nicht aber der Angeschuldigte für die Untersuchung als relevant betrachte. Nach durchgeführter Sichtung würden die Unterlagen der Kategorie A dem Untersuchungsrichter und die Unterlagen der Kategorie B dem Angeschuldigten übergeben. Die Unterlagen der Kategorie C dagegen würden erneut versiegelt werden. Dem Angeschuldigten wurde zudem eine Frist angesetzt, um bekannt zu geben, ob er den Beizug eines Mitglieds der sanktgallischen Anwaltskammer oder der thurgauischen Anwaltskommission wünsche (E. B).

Das Bundesgericht qualifiziert die angefochtenen Entscheide nicht als Entsiegelungsentscheide, sondern als vorbereitende Anordnungen:

Aus dem angefochtenen Entscheid und den Ausführungen in der Vernehmlassung der Vorinstanz geht klar hervor, dass nicht ein eigentlicher Entsiegelungsentscheid in Frage steht, sondern eine blosse Vorbereitungshandlung dazu. Diese stellt, wie das Bundesgericht im Urteil 1B_200/2007 vom 15. Januar 2008 E. 2.3 dargelegt hat, keinen Zwischenentscheid mit drohendem, nicht wieder gutzumachendem Nachteil dar. Jenem Urteil lag das bereits in BGE 132 IV 63 beschriebene mehrstufige Verfahren zugrunde, das offensichtlich auch im Kanton Thurgau zur Anwendung kommt. Danach ist insbesondere zu gewährleisten, dass bei der Triage Dritte keine Detailkenntnisse über den Inhalt der Daten und Dokumente erhalten, bevor nicht über Zulässigkeit und Umfang der Entsiegelung entschieden wurde. Es gibt keine Anzeichen, dass dies bei der vom Präsidenten der Anklagekammer angeordneten Sichtung nicht der Fall sein wird. Damit kann der angefochtene Entscheid aber keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken und sind die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht erfüllt (E. 1.3.3).

Erwähnenswert ist der Entscheid v.a. deshalb, weil sich das mehrstufige Verfahren immer breiter durchzusetzen scheint. Auch der Beizug eines unabhängigen Beobachters (hier eines Mitglieds der sanktgallischen Anwaltskammer oder der thurgauischen Anwaltskommission) wird ermöglicht. Aus Sicht der von der Durchsuchung und Beschlagnahme nicht direkt betroffenen Klienten bzw. deren Unterlagen wäre es allerdings wünschenswert, den Unabhängigen bereits bei der Durchsuchung der Kanzlei beizuziehen, was in anderen Kantonen üblich ist.