Rechtswidrige Aktenbeschaffung?

Ein Anwalt, der im Kanton Zürich in ein später eingestelltes Strafverfahren verstrickt war, wehrte sich bis zum bitteren Ende gegen die Beschaffung von Kontounterlagen bei Banken durch die Staatsanwaltschaft. Vergeblich beantragte er die Herausgabe der Unterlagen und die Feststellung, diese seien rechtswidrig beschafft worden, zuletzt mit Beschwerde in Strafsachen (Urteil 6B_104/2007 vom 23.07.2007).

Der Beschwerdeführer machte geltend, die Untersuchungsbehörde habe die Kontounterlagen unzulässigerweise bei den Banken statt direkt bei ihm beschafft. Dazu das Bundesgericht:

Die Zürcher Strafprozessordnung räumt Personen, die das Bankgeheimnis zu wahren haben, somit keine Sonderstellung ein. Organe und Mitarbeitende einer Bank sind deshalb editions- und zeugnispflichtig und damit gehalten, den Untersuchungsbehörden Dokumente zur Verfügung zu stellen (…). Folglich waren die Untersuchungsbehörden berechtigt, die Kontoauszüge bei den beiden Finanzinstituten herauszuverlangen. Diese sind den Aufforderungen freiwillig nachgekommen, wären jedoch auch von Gesetzes wegen zur Edition verpflichtet gewesen (E. 3.2.1).

Der Beschwerdeführer machte u.a. noch geltend, die Beschaffung der Unterlagen habe sein Siegelungsrecht gemäss § 101 StPO/ZH missachtet. Hier wurde er unter Hinweis auf die zivilrechtlichen Verhältnisse abgeschmettert:

[D]ie Untersuchungsbehörde [ersuchte] die beiden Finanzinstitute um Herausgabe der Kontounterlagen. Durch eine solche Bankabfrage, welche im Gegensatz zur Durchsuchung und Beschlagnahme keine Zwangsmassnahme darstellt (BGE 120 IV 260 E. 3e), wird die Bank dazu angehalten, ihr selbst gehörende Akten und Informationen zu übermitteln (…). In dieser Konstellation ist allein das kontoführende Finanzinstitut als Inhaberin und zivilrechtliche Eigentümerin der gewünschten Papiere zu betrachten (BGE 127 II 155 E. 4c/aa; Lentjes Meili, a.a.O., S. 216). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war er mithin weder Besitzer noch Eigentümer der edierten Unterlagen. Daraus [… ] folgt, dass dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Beschaffung der Kontounterlagen bei den beiden Finanzinstituten weder ein Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs noch ein Siegelungsrecht gemäss § 101 StPO/ZH zustand (…. E. 3.4).

Der Hinweis auf BGE 120 IV 260 E. 3e erscheint hier doch etwas gewagt. Im zitierten Entscheid hatte das Bundesgericht jedenfalls nicht gesagt, die Erhebung von Unterlagen bei der Bank stelle keine Zwangsmassnahme dar, denn es ging lediglich um ein Auskunftsersuchen:

Ein solches Ersuchen um Auskünfte über Konti, Depots und Vermögenswerte ist keine mit Beschwerde an die Anklagekammer anfechtbare Zwangsmassnahme – wie die eigentliche Beschlagnahmeverfügung -, sondern die blosse Aufforderung, die entsprechenden Informationen mitzuteilen. Damit steht aber noch gar nicht fest, ob überhaupt eine eigentliche Zwangsmassnahme verfügt wird und welche Gegenstände und Vermögenswerte davon betroffen sein werden (Hervorhebungen durch mich).

Wenn ich das richtig verstanden habe, zitiert sich hier das Bundesgericht nicht korrekt. Es mag auch nicht recht einleuchten, wieso die Erhebung von Unterlagen bei Dritten keine Zwangsmassnahme sein soll, zumal wenn sie wie hier auf einer gesetzlichen Herausgabepflicht beruht. In der Lehre wird dazu gesagt, es handle sich um „eine Aufforderung zur freiwilligen Herausgabe.“ Wie freiwillig ist denn eine Herausgabe, wenn sie in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht und zur Vermeidung einer direkt oder indirekt angedrohten Hausdurchsuchung erfolgt?