Straffrei uriniert
Das Bundesgericht kassiert die Verurteilung einer Frau, die in Verletzung der Benützungsordnung eines SBB-Areals urniert und ihren Hund nicht angeleint hatte (BGer 6B_116/2011 vom 18.07.2011). Widerhandlungen gegen die Benützungsordnung waren durch richterliches Verbot untersagt.
Zu klären war die Frage, ob die Rechtmässigkeit eines richterlichen Verbots in einem Strafverfahren überhaupt Beweisthema sein könne. Das Bundesgericht bejaht:
Als Akt freiwilliger Gerichtsbarkeit erwächst das gerichtliche Verbot nicht in materielle Rechtskraft, und es kann darauf zurückgekommen werden (BGE 136 III 178 E. 5.2; ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 369 f.) (E. 3.3).
Im vorliegenden Fall erwies sich der strafrechtliche Besitzesschutz durch richterliches Verbot als unrechtmässig:
Bei öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch untersteht das Verhältnis zwischen dem Träger der Herrschaft und dem Benutzer stets dem öffentlichen Recht. Im Gegensatz zum Zivilrecht ist mit einer Benutzungsordnung nicht der Besitz zu schützen, sondern die Nutzung einer öffentlichen Sache zu regeln. Selbst wenn die A. AG Eigentümerin des betroffenen Grundstücks ist, sind Zweckbestimmung und Verfügungsmöglichkeit des Staates die massgeblichen Kriterien, ob eine Sache als öffentliche Sache gilt. Eigentum hingegen bildet kein Anknüpfungskriterium (…). Der strafrechtliche Besitzesschutz und somit das richterliche Verbot bilden vorliegend keine rechtmässige gesetzliche Grundlage für die Verurteilung der Beschwerdeführerin, da die materiellrechtliche Grundlage nicht vom zuständigen Organ im vorgesehenen Verfahren erlassen wurde (E. 3.1 hievor) (*. 3.3).
Dieses Urteli ist ein Hammer! Die Argumentation um den Kernsatz „Eigentum hingegen bildet kein Anknüpfungskriterium“ könnte in der Beurteilungspraxis von vielen richterlichen Verboten, die ähnlich konstruiert sind wie dasjenige im Urteil, für Unruhe sorgen…