Opferberufungen aussichtslos?

Sich als Opfer an einem Strafverfahren zu beteiligen, ist praktisch nie aussichtslos, womit der Weg zur unentgeltlichen Rechtspflege auch im Rechtsmittelverfahren weit offen steht.

Daran erinnert das Bundesgericht das Obergericht des Kantons Aargau, das die unentgeltliche Rechtspflege im Berufungsverfahren widerrufen wollte (BGer 1B_310/2017 vom 26.10.2017):

Bei im Rahmen eines Strafverfahrens wie dem vorliegenden anhängig gemachten Zivilklagen ist die Voraussetzung der genügenden Prozesschancen normalerweise erfüllt. Die unentgeltliche Rechtspflege kann verweigert werden, wenn ein Prozess offensichtlich unzulässig ist, der Standpunkt des Antragsstellers rechtlich nicht begründet ist (zum Beispiel weil die Beschwerde zu spät eingereicht wurde oder der in Frage stehende Tatbestand keine Individualinteressen schützt) oder das Strafverfahren aussichtslos ist, so dass gleich die Nichtanhandnahme bzw. die Einstellung verfügt werden muss (Urteil 1B_254/2013 vom 27. September 2013 E. 2.1.1 mit Hinweis auf HARARI/CORMINBOEUF, in: Commentaire romand, Code de Procédure Pénale Suisse, 2011, N. 37 f. zu Art. 136; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 15 zu Art. 136) [E. 2.4.2].

Anders als das Obergericht AG hält das Bundesgericht eine Verurteilung weiterhin für möglich:

Dies ist auch nicht ersichtlich. Aus den erheblichen Zweifeln des Bezirksgerichts an der Tatbegehung des Beschwerdegegners kann nicht abgeleitet werden, die Anträge der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren seien ohne Aussicht auf Erfolg. Vielmehr liegt es bei einem erstinstanzlichen Freispruch “in dubio pro reo” mit Minderheitsmeinung auf Schuldspruch nahe, dass das Berufungsverfahren, in welchem der Beschuldigte und die Privatklägerin erneut einzuvernehmen sind, nicht von vorneherein aussichtslos ist. Weshalb es sich vorliegend anders verhalten sollte, wird von der Vorinstanz nicht dargelegt.
Bei dieser Ausgangslage fällt beim jetzigen Verfahrensstand eine Verurteilung des Beschwerdegegners wegen eines (versuchten) Sexualdelikts ernsthaft in Betracht. Demzufolge erweist sich auch die Zivilklage der Beschwerdeführerin nicht als aussichtslos (E. 2.5).
Das wird aber nichts am ziemlich sicheren Freispruch ändern.