Beschränkung der Durchsuchung von Smartphones auf bestimmte Zeiträume vor und nach dem Delikt

Das Bundesgericht heisst eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft SH gegen einen Entsiegelungsentscheid teilweise gut (BGer 1B_316/2020 vom .08.03.2021). Das ZMG hatte die Durchsuchung eines sichergestellten Smartphones zeitlich beschränkt, und zwar auf die Tatzeiten der untersuchten Delikte. Die Staatsanwaltschaft wollte mehr und die Staatsanwalt kriegte, was sie gemocht hat:

Die Staatsanwaltschaft möchte prüfen, mit wem der Beschuldigte – zumindest in einem Zeitraum von ca. drei Wochen vor den Vorfällen vom 20. März 2019 bzw. in der Zeit danach – telefoniert bzw. Nachrichten ausgetauscht hat. Die betreffenden Aufzeichnungen auf dem Mobiltelefon erscheinen grundsätzlich untersuchungsrelevant, zumal er sich (nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen) von einer Bekannten die Telefonnummer der Geschädigten besorgte und diese unter falschem Namen anrief. Aber auch für eine angemessene Zeit vor und nach den Vorfällen vom 2. November 2019 besteht ein legitimes Interesse der Staatsanwaltschaft, eingegangene Nachrichten oder Telefonanrufe auszuwerten. Zwar vertritt das ZMG sinngemäss die Auffassung, die Untersuchungsrelevanz der auf dem Mobiltelefon gespeicherten Aufzeichnungen setze in zeitlicher Hinsicht voraus, dass – neben den untersuchten Verbrechen und Vergehen vom 20. März und 2. November 2019 – “für die darüber hinausgehenden Zeiträume konkrete Verdachtsmomente” für weitere Delikte “zu nennen” wären. Diese Ansicht widerspricht jedoch der oben (E. 2.2) dargelegten einschlägigen Rechtsprechung und findet auch im Gesetz keine Stütze.  Im vorliegenden Fall erscheint es verhältnismässig und bundesrechtskonform, wenn die Staatsanwaltschaft für einen angemessenen Zeitraum vor den Vorfällen vom 20. März 2019 und bis nach den Vorfällen vom 2. November 2019 die Aufzeichnungen des Mobiltelefons des Beschuldigten auswerten kann. Dabei ist insbesondere der Schwere der untersuchten Verbrechen und Vergehen Rechnung zu tragen (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO). Der private Beschwerdegegner legt auch nicht nachvollziehbar dar, inwiefern seine mobile Kommunikation vor und nach den untersuchten Delikten mit milderen Untersuchungsmassnahmen eruiert werden könnte (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO). Da es sich bei ihm um die beschuldigte Person handelt, ist an die Verhältnismässigkeit der Entsiegelung im Übrigen kein besonders hoher Massstab anzulegen (vgl. Art. 197 Abs. 2 StPO). [E. 2.3].

Ich hätte jetzt eher erwartet, dass man zuerst die Durchsuchungsvoraussetzungen (Art. 246 StPO) prüft und nicht gleich zur Verhältnismässigkeit springt. Art. 246 StPO kommt im Entscheid nicht vor, aber ich kenne die Beschwerdeschrift der Staatsanwaltschaft nicht, die das ja vielleicht bestens begründet hat.