Das Bundesgericht als Zensurbehörde

Wie bereits aus den Medien bekannt weist das Bundesgericht die Beschwerde eines Sohnes von Bundesrat Maurer ab, der die Öffentlichkeit von seiner Hauptverhandlung im abgekürzten Verfahren ausschliessen wollte. Die zürcherische Justiz gestattete demgegenüber den akkreditierten Gerichtsberichterstattern den Zutritt und ordnete an, diesen werde die Anklageschrift zu Beginn der Verhandlung ausgehändigt.

Das Bundesgericht begründet seinen Entscheid überzeugend (BGer 1B_87/2018 vom 09.05.2018). Was es hingegen zum Persönlichkeitsschutz des Beschuldigten sagt, ist aus Sicht einer freien Presse, die – wie auch das Bundesgericht betont – u.a. der Justizkontrolle dienen soll – bemerkenswert:

Hingegen sind nach dem Gesagten aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine darüber hinausgehenden, identifizierenden Angaben über den Beschwerdeführer zu veröffentlichen. Zwar kann, wie dieser zu Recht einwendet, eine Anonymisierung aufgrund der Bekanntgabe seines Nachnamens in der bisherigen Presseberichterstattung nicht mehr vollumfänglich gewährleistet werden. Mittels klarstellender Auflagen zu Beginn der Hauptverhandlung an die zugelassenen akkreditierten Gerichtsberichterstatter kann aber das Bezirksgericht sicherstellen, dass keine weiteren persönlichen Daten wie insbesondere Vorname, Alter und Wohnort publiziert und keine Bildaufnahmen veröffentlicht werden (E. 3.5).

Wie soll die Presse die Justiz kontrollieren, wenn sie an ihre Auflagen gebunden sein soll? Was gilt in Kantonen, die keine akkreditierten Gerichtsberichterstatter kennen?

Als Strafverteidiger bin ich kein Freund von Gerichtsberichterstattung, weil sie sich – so mein Eindruck – fast immer zuungunsten der Beschuldigten auswirkt. Aber das ist mir als Bürger immer noch lieber als eine an Auflagen gebundene Presse, die ohnehin staatlich gefördert und damit so frei gar nicht sein kann.