Doppelverwertungsverbot und andere Rechtsfehler
Vor allem in erstinstanzlichen Urteilen wird die ausgesprochene Strafe oft mit Umständen begründet, die bereits für die Erfüllung des (qualifizierten) Tatbestands erforderlich sind.
Manchmal passieren solche Fehler aber auch Obergerichten, und zwar inbesondere denjenigen, die bei der Strafzumessung gerne einfach auf die Ausführungen der ersten Instanz verweisen, was das Bundesgericht bekanntlich aus guten Gründen nicht zulässt. Das kann dann wie im vorliegenden Fall aus dem Kanton Aargau zu einer Vielzahl von Rechtsfehlern allein im Bereich der Strafzumessung führen (BGer 6B_502/2019 vom 27.02.2020):
Der angefochtene Entscheid genügt insoweit auch nicht der gesetzlichen Begründungspflicht der Strafzumessung gemäss Art. 50 StGB. Die Vorinstanz verkennt, dass sie als Berufungsgericht – soweit sie wie vorliegend auf das Rechtsmittel eintritt – ein neues Urteil fällt, das das erstinstanzliche ersetzt (Art. 408 StPO; BGE 143 IV 408 E. 6.1; 142 IV 89 E. 2.1). Sie hat eine eigene Strafe festzusetzen und nachvollziehbar zu begründen und kann sich nicht mit einer Überprüfung der erstinstanzlichen Strafzumessungserwägungen begnügen (BGE 141 IV 244 E. 1.3.3 S. 248; Urteile 6B_614/2019 vom 3. Dezember 2019 E. 2.4.1; 6B_1023/2017 vom 25. April 2018 E. 6.1, nicht publ. in: BGE 144 IV 189; 6B_466/2015 vom 28. September 2016 E. 2, nicht publ. in: BGE 142 IV 329). Daran ändert die Möglichkeit im Rechtsmittelverfahren auf die Begründung der Erstinstanz zu verweisen, nichts (vgl. BGE 141 IV 244 E. 1.3.3; Urteile 6B_776/2013 vom 22. Juli 2014 E. 1.5; 6B_356/2012 vom 1. Oktober 2012 E. 3.5; je mit Hinweisen). Zudem übersieht die Vorinstanz, dass die erstinstanzlichen Strafzumessungserwägungen in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft sind. Aufgrund welcher Umstände das Bezirksgericht das (objektive und subjektive) Tatverschulden der Beschwerdeführerin „nicht mehr als leicht und (…) im mittelschweren Bereich“ ansiedelt, ist allenfalls eingeschränkt nachvollziehbar. Das Bezirksgericht begründet die von ihm ausgesprochene Strafe in weiten Teilen mit Umständen, die bereits Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes sind. Damit verstösst es gegen das Doppelverwertungsverbot. Dass die Beschwerdeführerin die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat, ist Voraussetzung für einen Schuldspruch und kann nicht zur Bestimmung der für die einzelne Tat schuldangemessenen Strafe beitragen respektive nochmals (straferhöhend) berücksichtigt werden (vgl. BGE 142 IV 14 E. 5.4 S. 14; 141 IV 61 E. 6.1.3; Urteile 6B_95/2018 vom 20. November 2018 E. 2.3; je mit Hinweisen). Darüber hinaus folgt das Bezirksgericht auch nicht der zu Art. 42 Abs. 4 StGB entwickelten Methodik. Die Verbindungsbusse soll gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht zu einer Straferhöhung führen oder eine zusätzliche Strafe ermöglichen. Die bedingte Hauptstrafe und die damit verbundene Busse, der lediglich untergeordnete Bedeutung zukommen darf, müssen in ihrer Summe schuldangemessen sein (vgl. BGE 135 IV 188 E. 3.2; BGE 134 IV 1 E. 4.5.2, 60 E. 7.1 und 7.3; Urteile 1B_103/2019 vom 10. Januar 2020 E. 2.1, zur Publ. bestimmt. Dem Bezirksgericht war es demnach nicht erlaubt, zu der von ihr als schuldangemessen erachteten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zusätzlich eine Verbindungsbusse von Fr. 8’000,– auszusprechen, da die Sanktion in ihrer Gesamtheit nicht mehr schuldangemessen ist. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, ob bei einer Busse in dieser Grössenordnung noch von einer untergeordneten Bedeutung gesprochen werden kann und eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen angesichts des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts in Betracht kommt (E. 3.4).