Keylogger als technisches Überwachungsgerät

Das Bundesgericht hat gestern einen Grundsatzentscheid öffentlich zugänglich gemacht, den es bereits vor anderthalb Jahren gefällt hatte (BGE 1B_132/2020 vom 18.06.2020, zur Publikation in der AS vorgesehen). Dazu hat es eine Medienmitteilung herausgegeben und darin auch erklärt, warum es den Entscheid erst jetzt publiziert:

Da zum Urteilszeitpunkt noch Ermittlungen liefen, kann der Entscheid erst jetzt öffentlich bekannt gemacht werden.

Der Betroffene wusste von diesem Verfahren somit nichts. Man hätte also ohne Weiteres publizieren können, allenfalls unter Weglassung verräterischer Sachverhaltselemente. Auf diese Weise hat das Bundesgericht nun aber einen Grundsatzentscheid zum Überwachungsrecht gefällt, der nur den Strafbehörden bekannt war. Schon das ist an sich fragwürdig.

Der Entscheid ist aber insbesondere deshalb bedeutend, weil er belegt, dass die Strafverfolgungsbehörden softwarebasierte Keylogger einsetzen und dass das Bundesgericht solche Keylogger als technische Überwachungsgeräte im Sinne von Art. 280 f. StPO behandelt. Seine Argumentation ist schlicht unfassbar:

Soweit die Wirkweise des software-basierten Keyloggers, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, absolut identisch ist und nicht über jene eines mechanischen Keyloggers hinausgeht, kann es nicht darauf ankommen, ob ein (kleiner) physischer Gegenstand (inkl. Softwarekomponente), der zwischen der Tastatur und dem Rechner zu montieren ist, sämtliche Tastatureingaben aufzeichnet oder ob die Eingaben gestützt auf eine Software gelesen werden, die sich vorliegend via Upload auf dem USB-Stick zwischen das Betriebssystem und die Tastatur schaltet. Sinn und Zweck der beiden Keyloggers ist derselbe und eine künstliche Unterscheidung einzig aufgrund der unterschiedlichen Beschaffenheit bzw. Installation rechtfertigt sich nicht. Der Auffassung der Vorinstanz, wonach der software-basierte Keylogger nicht unter Art. 280 lit. b StPO subsumiert werden könne, kann daher nicht gefolgt werden; sie verletzt Bundesrecht (E. 5.1, Hervorhebungen durch mich)..  

Entscheidend ist also nicht die Methode, sondern die Wirkweise bzw. der Sinn und Zweck. Dass nicht Art. 269ter StPO anwendbar sein soll, begründet das Bundesgericht wie folgt:

Es ist mittels Keylogger nicht möglich, ganzheitliche Kommunikationsinhalte oder Randdaten des Fernmeldeverkehrs abzufangen und auszuleiten, sondern es kann einzig festgestellt werden, was eine Person in ihre Tastatur eingibt. Damit wird aber keine Kommunikation im Wortsinn, d.h. eine Verständigung untereinander bzw. ein zwischenmenschlicher Austausch protokolliert. Aus diesem Grund kann ein Keylogger auch nicht unter Art. 269ter StPO subsumiert werden (E. 5.2).  

Besonders ärgerlich erscheint, dass in diesem Fall auch die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach Art. 269ter StPO erfüllt gewesen wären. Aber die war halt nicht angeordnet. Das Bundesgericht kommt im Entscheid übrigens ohne einen einzigen Hinweis auf Art. 197 StPO aus.