Originelles aus dem Aargau
In Fünferbesetzung kassiert das Bundesgericht einen Beschluss des Obergerichts AG, das ein erstinstanzliches Urteil ohne Anhörung des erstinstanzlich Freigesprochenen und ohne Rechtsmittelbelehrung aufhob und zur neuen Entscheidung zurückwies (BGer 6B_1014/2019 vom 22.06.2020). Das Obergericht rechnete ganz offensichtlich damit, dass sein Beschluss als Zwischenentscheid nicht anfechtbar sei. Da hat es sich aber getäuscht. Das Bundesgericht ist eingetreten und hat kassiert, u.a. mit folgender Erwägung:
Die Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensvorschriften steht nicht zur Disposition der Strafbehörden. Strafverfahren können nur in den vom Gesetz vorgesehenen Formen durchgeführt und abgeschlossen werden (Art. 2 Abs. 2 StPO) [E. 2.3].
Wenn sich die Strafbehörden nicht an das Gesetz halten, werden ihre Entscheide aufgehoben. Was mit anderen passiert, die sich nicht ans Gesetz halten, entscheiden die Strafbehörden.
Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, wie das Obergericht überhaupt auf die Idee kommt, dass der Zwischenentscheid nicht mit Beschwerde anfechtbar sein sollte?
Vielleicht, weil das in den Kommentaren so steht?
Einfach nur beängstigend dass einem Obergericht das gesagt werden muss.
Noch schlimmer ist der lapsus des og zh. Siehe 6B_589/2019. Das og zh war offenbar allen ernstes der ansicht, der anklagegrundsatz gebiete, der anklagesachverhalt müsse nicht einer überprüfung unterzogen werden, sondern sei verbindlich! Das wäre ja noch praktisch für die anklagebehörde. Man kann in die anklage schreiben, was man will, das gericht muss dies als erwiesen erachten. Man fragt sich schon, wie solche urteile ergehen können. Der entscheid stammt immerhin nicht von einem gemischtwaren gericht, das hin und wieder einen straffall behandelt, sondern von einer der strafkammern, deren täglich brot die behandlung von strafrechtlichen berufungen bildet.