Schriftliches Berufungsverfahren?
Die I. strafrechtliche Abteilung heisst in ausserordentlicher und besonders punitiver Besetzung und unter Anwendung der „Star-Praxis“ (vgl. dazu BGE 141 IV 1 E. 1.1) die Beschwerde eines Privatklägers gut, weil die Vorinstanz zu Unrecht das schriftliche Verfahren durchgeführt habe (BGer 6B_54/2025 vom 04.06.2025). Vor erster Instanz war der Beschuldigte verurteilt, vor zweiter Instanz – Skandal! – freigesprochen worden. Sein Urteil begründet das Bundesgericht wie folgt:
Im vorliegenden Fall urteilte erstinstanzlich ein Einzelgericht. Nach der Rechtsprechung ist auch in dieser Konstellation ein schriftliches Berufungsverfahren nur zulässig, wenn die Anwesenheit der beschuldigten Person nicht erforderlich ist (BGE 147 IV 127 E. 2.2.2 und 3.2; Urteile 6B_931/2021 vom 15. August 2022 E. 2.3.2; 6B_1419/2021 vom 18. März 2022 E. 2.3.1). Nach der Praxis ist die Anwesenheit der beschuldigten Person dann im Sinne von Art. 406 Abs. 2 lit. a StPO erforderlich, wenn das Berufungsgericht die erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen verwerfen und die beschuldigte Person in Abänderung des angefochtenen Urteils schuldig sprechen will. Diesfalls kann es den Sachverhalt nicht lediglich auf Grundlage der Akten feststellen, sondern hat die beschuldigte Person zu einer mündlichen Verhandlung vorzuladen, sodass sich diese zu den Vorwürfen persönlich äussern und diejenigen Umstände vorbringen kann, die der Klärung des Sachverhalts und ihrer Verteidigung dienen können (BGE 147 IV 127 E. 3.1). Gleiches muss gelten, wenn das Berufungsgericht die erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen verwerfen und die beschuldigte Person im Gegensatz zur Erstinstanz freisprechen will. Auch in diesem Fall kann es den Sachverhalt nicht bloss aufgrund der Akten feststellen (E. 3.5.1, Hervorhebungen durch mich).
Abgesehen von der fragwürdigen Formulierung über das, was ein Berufungsgericht „will“, erscheint mir die hervorgehobene Passage jedenfalls bei Anwendung von Art. 406 Abs. 2 StPO als qualifiziert falsch. Man muss den Beschuldigten, dem ein Freispruch droht, sicher nicht mündlich anhören und der Privatkläger muss ja mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden gewesen sein. In der umgekehrten Konstellation ist die Rechtsprechung des Bundesgerichts nach dem 147er-Entscheid hingegen richtig.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Privatkläger dem schriftlichen Verfahren durch sein Stillschweigen zugestimmt hatte. Man könnte hier kritisch einwenden, dass (wohl auch bereits im Berufungsverfahren) von einem anwaltlich vertretenen Privatkläger, gerade bei umstrittenen Sachverhaltsfragen, ein aktives Bestehen auf einer mündlichen Verhandlung zu erwarten gewesen wäre.
Die etablierte Praxis zu Art. 406 Abs. 2 lit. a StPO fordert gemäss E. 3.5.1 die Anwesenheit der beschuldigten Person und damit eine mündliche Verhandlung zwingend, wenn das Berufungsgericht die erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen verwerfen und die beschuldigte Person in Abänderung des angefochtenen Urteils schuldig sprechen will.
Es mag daher befremden, wenn dieses gemäss Praxis primär dem Schutz des Beschuldigten dienende Recht nun auf den Privatkläger erstreckt wird. Allerdings ergibt sich eine solche einseitige Anwendung, die nur die Verurteilung des Beschuldigten erfasst, aus dem Wortlaut von Art. 406 ff StPO nicht. Die Bestimmung differenziert weder nach Partei noch nach dem Urteilsausgang, weshalb die symmetrische Auslegung des Bundesgerichts zwar ungewohnt, aber folgerichtig und insb. gesetzeskonform ist.
Abschliessend sei nochmals in Anlehnung an E. 3.4.1 zu betonen: Die Zustimmung zum schriftlichen Berufungsverfahren kann die gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 406 Abs. 2 lit. a und b StPO nicht ersetzen, sondern tritt zu diesen hinzu.
unglaublich wie unsere von Amtes wegen intelligentesten Richter im mon repos sich über klares Recht hinwegsetzen!
Gemäss Vorinstanz wurde „die Möglichkeit einer Brandverursachung durch die alten Strominstallationen nicht fachkundig evaluiert“ (E.2.6.2).
Diese Brandursache ginge auf die Kappe des Hauseigentümers (Privatkläger).
Die Freigesprochene ist vermutlich die/eine Mieterin (vgl. E.2.6.2). Ist sie schuldig, ist der Eigentümer fein raus.
Aber selbstverständlich spielte dies überhaupt keine Rolle bei diesem BGE in „besonders punitiver Besetzung“.
Hat das Bundesgericht gerade eingestanden, dass die Obergerichte schon vor den Verhandlungen wissen, wie sie urteilen wollen?
Der Hinweis „besonders punitiver Besetzung“ ist etwas provokativ, aber leider wohl richtig. Sobald Richterin Jacquemoud-Rossari im Spruchkörper mitwirkt, stehen die Karten für die beschuldigte Person regelmässig schlecht.
Viel verdächtiger ist aber die Mitwirkung von Bundesrichter Yves Rüedi, der gar nicht der strafrechtlichen Kammer, sondern der I. zivilrechtlichen Abteilung angehört. Dennoch wird Richter Rüedi bei Straffällen immer wieder zum Spruchkörper beigezogen – weshalb? Mit Yves Rüedi im Spruchkörper ist das Verfahren für die beschuldigte Person jedenfalls bereits „verloren“. Der vormalige Obergerichtspräsident ist nachweislich dafür bekannt, dass er bereits vor Hauptverhandlung gegenüber nicht verfahrensbeteiligten Dritten Urteile in Aussicht stellt. „Freisprüche“ scheinen ein Fremdwort für Richter Rüedi zu sein.
Ich halte dieses Verhalten für hochproblematisch und potentiell für falsch.
Als Glarner darfst du gerne im Fleck Dreck der Schweiz mal aufräumen. Dort haben wir besonders Verwerfliche Zustände in der Rechtsprechung ja im ganze Justiz Departement.
Wenn Rüedi „bereits vor Hauptverhandlung gegenüber nicht verfahrensbeteiligten Dritten Urteile in Aussicht stellt“, wäre das nicht nur „hochproblematisch“, sondern Beleg für seine Befangenheit.
Würde das BGer gleich urteilen, wenn es sich um Polizeirapporte handelt? Normalerweise stellt das Gericht auf Polizeirapporte ab und führt mit den Polizisten nicht eine Einvernahme durch.
Von Zivilrechtlern inkl. Gerichtsschreiber mal abgesehen, warum keine Fünferbesetzung bei Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, wegen Freispruch?
Es demaskiert halt das Gerichtsverfahren im besten fall Laienschauspiel ist, den die Urteile sind schon vor dem Verfahren klar, man muss nur noch schauen wie man es begründet, daher brauchen die schriftlichen Begründungen dann auch meist länger als die vorgegenenen 60 Tage was ja nur Ordnungsfristen sind