Zur Rechtsweggarantie (Art. 29a BV)
In einem reichlich merkwürdig anmutenden Fall (BGer 6B_991/2009 vom 19.01.2010) hat ein Beschwerdeführer ein obiter dictum provoziert, das mich überrascht. In der Sache ging es darum, dass einem Verletzten – dem späteren Beschwerdeführer – im Strafbefehlsverfahren eine als zu tief gerügte Parteientschädigung zugesprochen wurde. Der Strafbefehl wurde rechtskräftig. Der Verletzte wollte den Strafbefehl im kantonalen Verfahren im Kostenpunkt mangels Einspracherecht mit Beschwerde anfechten. Die kantonale Beschwerdeinstanz trat darauf nicht ein. Das Bundesgericht schützt den Nichteintretensentscheid, stellt aber dennoch ein Problem fest:
Die Auffassung der Vorinstanz, die Beschwerde gemäss § 80 Ziff. 4 StPO/ZG sei einzig zulässig, wenn die Hauptsache überhaupt an eine höhere Instanz weitergezogen werden könne, was bei Strafbefehlen, die mangels Einsprache zu rechtskräftigen Strafurteilen würden, eben gerade nicht der Fall sei, ist keineswegs unhaltbar, sondern lässt sich auf den Wortlaut stützen. Ohnehin ist, wie dargelegt, unter dem Gesichtspunkt der Rechtsweggarantie nicht zu beanstanden, dass dem Beschwerdeführer kein gerichtlicher Instanzenzug eröffnet wird. Problematisch – aber übergangsrechtlich zulässig – ist insoweit vielmehr, dass der für den Beschwerdeführer nicht anfechtbare Entscheid über die ihm zustehende Entschädigung nicht von einer richterlichen Behörde getroffen worden ist. Zusammenfassend kann der Vorinstanz somit keine willkürliche Anwendung kantonalen Prozessrechts angelastet werden (E. 1.4.2, Hervorhebungen durch mich).
Wieso sollte sich dies denn nach Ablauf der Übergangsfrist ändern? Muss der Verletzte, der nicht Opferstellung hat, einen Strafbefehl anfechten können? Auch im Strafpunkt? Wieso lässt sich der Anspruch auf gerichtliche Überprüfung der Entschädigung nicht heute schon auf Art. 6 EMRK stützen?