Unzulässiger Polizeischutz

Die Strafbehörden des Kantons Basel-Stadt haben es sich mit der Einstellung eines Verfahrens gegen Polizisten gemäss Bundesgericht zu leicht gemacht (BGer 6B_219/2019 vom 27.02.2020). Sie nahmen die Verurteilung eines Beschuldigten wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 StGB) zum Anlass, die zur Anzeige gebrachten Straftaten der Beamten nicht zu untersuchen.

Das Bundesgericht stellt klar, dass die Verurteilung der Überprüfung des Verhaltens der Polizei nicht entgegensteht:

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz steht der rechtskräftige Schuldspruch der Beschwerdeführerin wegen mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte einem Verfahren gegen die beteiligten Polizeibeamten nicht entgegen. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Verfahren. Hinzu kommt, dass sie auch in zeitlicher Hinsicht nicht den gleichen Sachverhalt betreffen, zumal im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren der massgebende Vorgang bzw. der angeklagte Sachverhalt in dem Zeitpunkt endete, als die Beschwerdeführerin in Begleitung der Polizei das Haus verliess. Mithin waren die späteren Vorgänge, die ausserhalb des Hauses erfolgten, wie das Geschehen im Kastenwagen, nicht Gegenstand des gegen die Beschwerdeführerin geführten Verfahrens (Urteil 6B_614/2016 vom 23. März 2017 E. 3.2). Zu prüfen bzw. massgebend im vorliegenden Verfahren sind aber die von der Beschwerdeführerin gerügten Vorgänge, wonach sie gewaltsam in den Kastenwagen gestossen und sie darin zwei Mal in die Brustregion getreten worden sei, wodurch ihr zwei Rippen gebrochen worden seien. Die Vorinstanz beschränkt sich darauf festzuhalten, dass die Darstellung des Sachverhalts in der Einstellungsverfügung mit den Feststellungen im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren überein stimme. Damit unterlässt sie es aber, eine (eigene) Würdigung vorzunehmen. Gleich verhält es sich, wenn die Vorinstanz ausführt, soweit erneut ein unverhältnismässiges Vorgehen der Polizei gerügt werde, würden diese Vorbringen fehl gehen, da in diesem Zusammenhang bereits mit dem Urteil des Strafgerichts festgehalten worden sei, dass die dokumentierten Verletzungsspuren der Beschwerdeführerin mit deren Verhalten überzeugend erklärt würden und dass das Vorgehen der Polizei verhältnismässig gewesen sei. Insgesamt äussert sich die Vorinstanz nicht rechtsgenügend zu den Voraussetzungen der Einstellung eines Verfahrens. Auch fehlt es im vorinstanzlichen Entscheid an einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit dem Grundsatz “in dubio pro duriore”. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Beweise nach dem Grundsatz “in dubio pro duriore” würdigt und entsprechend ihrer eigenen Einschätzung, die Einstellung des Verfahrens bestätigt oder allenfalls die Angelegenheit zur Weiterführung der Untersuchung oder Erhebung der Anklage an die Beschwerdegegnerin zurückweist. Es erübrigt sich auf die weitere Rüge der Beschwerdeführerin (Abweisung der beantragten Einvernahme von Wachtmeister B..) einzugehen (E. 3.4).