Anwalt der ersten Stunde gestärkt

Ohne sich allzu stark der Kritik der Strafverfolger auszusetzen, stärkt das Bundesgericht das Institut des Anwalts der ersten Stunde (BGer 1B_66/2015 vom 12.08.2015, Fünferbesetzung).

Dabei scheint es sogar eine Art Vermutung für das Vorliegen der Voraussetzungen der amtlichen Verteidigung zu postulieren, schraubt aber jedenfalls die Voraussetzungen deutlich herunter:

Steht nicht bereits zu Beginn fest, dass es sich klarerweise bloss um einen leichten und einfachen Straffall handelt, ist der aufgebotene Anwalt der ersten Stunde als amtlicher Verteidiger beizugeben. Sollte sich in einem späteren Verfahrensstadium herausstellen, dass die in den Abs. 2 und 3 des Art. 132 StPO genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden, ist das Mandat im Sinne von Art. 134 Abs. 1 StPO aufzuheben (E. 2.3).

Im fraglichen Fall ging es nicht um gravierende Delikte. Die Prozessarmut des Beschuldigten war aber offensichtlich und der Fall bot rechtliche Schwierigkeiten:

Nicht gefolgt werden kann indessen seiner Auffassung, der Fall biete in rechtlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten. Immerhin wurden dem Beschwerdeführer mehrere Vorfälle zur Last gelegt, was für sich alleine bereits eine nicht unerhebliche Komplexität darstellt (E. 2.5).

Entscheidend ist aber das Ergebnis: Rückwirkende Einsetzung des amtlichen Verteidigers und damit auch Sicherstellung des amtlichen Honorars:

Nach dem Gesagten ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf amtliche Verteidigung zu bejahen. Die Rüge der Verletzung von Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO bzw. Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK ist begründet. Wird die amtliche Verteidigung gewährt, erfolgt die Beigabe des Rechtsvertreters rückwirkend auf den Mandatsantritt hin (vgl. Urteil 1B_263/2013 vom 20. November 2013 E. 5) und erfasst somit auch die Leistungen als Anwalt der ersten Stunde (…). Dies entspricht im Übrigen auch der Praxis im Kanton Zürich (…).

Die anderen Kantone werden nachziehen müssen.