Aussichtslos, aber publikationswürdig

Das Bundesgericht verweigert einem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit. Seinen Entscheid publiziert es aber als Grundsatzentscheid in der amtlichen Sammlung (BGer 6B_454/2015 vom 26.11.2015). So unberechtigt und aussichtslos war die Beschwerde daher vielleicht doch nicht.

Im Entscheid wird die Rechtsprechung bestätigt, dass sich Totschlag und Notwehrlage nicht ausschliessen (seelische Konfliktsituation und ausserdem Notwehrlage; vgl. BGE 102 IV 228 E. 2 S. 229). Im zu beurteilenden Fall war das aber nicht möglich (Doppelverwertungsverbot nach oben wie nach unten):

Liegt die heftige Gemütsbewegung in der Aufregung oder Bestürzung über einen unrechtmässigen Angriff, plädiert die Lehre allerdings zu Recht für einen Schuldspruch wegen vorsätzlicher Tötung, begangen in Notwehrexzess (…). Das sog. Doppelverwertungsverbot besagt, dass Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens (z.B. eines qualifizierten oder privilegierten Tatbestandes) führen, innerhalb des geänderten Strafrahmens nicht noch einmal als Straferhöhungs- oder Strafminderungsgrund berücksichtigt werden dürfen, weil dem Täter sonst der gleiche Umstand zweimal zur Last gelegt oder zugute gehalten würde (). Die Tatumstände, die im Rahmen von Art. 113 StGB eine heftige Gemütsbewegung oder grosse seelische Belastung begründen, dürfen daher nicht zu einer zusätzlichen Strafmilderung nach dem allgemeinen Teil des StGB führen (…). Eine gleichzeitige Anwendung von Art. 113 StGB und Art. 16 Abs. 1 StGB kommt vorliegend folglich nicht in Betracht. Nicht zu beanstanden ist daher, wenn die Vorinstanz die Tat als vorsätzliche Tötung nach Art. 111 StGB, begangen in Notwehrexzess, qualifiziert. Dies ermöglicht eine Strafmilderung nach freiem Ermessen (Art. 16 Abs. 1 i.V.m. Art. 48a StGB) und ist für den Beschwerdeführer insofern milder als ein Schuldspruch nach Art. 113 StGB, der eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug vorsieht (E. 5.4).