BStGer: Kein Berufsgeheimnis für Unternehmensjuristen

Das Bundesstrafgericht (I. Beschwerdekammer) stellt in einem kartellrechtlichen Entsiegelungsentscheid (s. meinen früheren Beitrag) fest, dass sich Unternehmensjuristen grundsätzlich nicht auf das Berufsgeheimnis berufen können (BStGer BE.2007.10-13 vom 14.03.2008):

Es trifft zwar zu, dass es keinen Entscheid des Bundesgerichts gibt, welcher sich direkt mit der Frage auseinandersetzt, ob Unternehmensanwälte Art. 321 StGB unterstellt sind. Gemäss Bundesgericht wurde aber Art. 321 StGB erlassen, um die Ausübung der darin aufgezählten Berufe im öffentlichen Interesse zu erleichtern (BGE 114 III 105, 107 E. 3a; BGE 112 Ib 606 ff.). Das Publikum soll auf Grund einer unbedingten Garantie der Verschwiegenheit das unentbehrliche Vertrauen zum Inhaber des Berufes haben (BGE 112 Ib 606 ff.). Dies ist aber bei einem Unternehmensanwalt gerade nicht der Fall, da dieser nicht gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet ist. Die Geheimhaltungspflicht des Rechtsanwaltes erstreckt sich – wie der Wortlaut von Art. 321 Ziff. 1 Abs. 1 StGB deutlich zeigt – nur auf Tatsachen, die ihm vom Klienten anvertraut worden sind, um die Ausübung des Mandates zu ermöglichen (BGE 114 III 105, 107 E. 3a). Ein solches Mandatsverhältnis ist bei einem Unternehmensanwalt nicht gegeben. Dieser ist aufgrund des Arbeitsverhältnisses (Art. 319 ff. OR) gemäss Art. 321a Abs. 4 OR zur Verschwiegenheit verpflichtet und eine Widerhandlung kann – nebst zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen – strafrechtliche Folgen gemäss Art. 162 StGB haben. Eine zusätzliche Geheimhaltungspflicht der Unternehmensanwälte nach Art. 321 StGB ist somit gar nicht erforderlich, was ebenfalls als Indiz gegen die Anwendbarkeit von Art. 321 StGB auf Unternehmensanwälte gewertet werden kann (E. 6.3).

Ein Hintertürchen hält die Beschwerdekammer offen:

Anders würde die Fragestellung lauten, wenn bei den Gesuchsgegnerinnen und bei deren Unternehmensjuristen bereits Verteidigungsvorbereitungen im konkreten Untersuchungsverfahren getroffen worden wären. Dies wird vorliegend jedoch nicht geltend gemacht, und ist angesichts des zeitlichen Verlaufs auch kaum möglich (E. 6.5).

Diese Erwägung wäre wohl besser unterblieben. Ich vermag nicht einzusehen, inwiefern eine solche Konstellation etwas am Ergebnis ändern könnte. Hier hilft nur eine Gesetzesänderung (s. aber einen früheren Beitrag zum Thema).