Grundsatz der Untrennbarkeit von Rechtsmitteln

Im Berufungsverfahren gilt die Dispositionsmaxime. Die Berufung kann daher auf Teile des angefochtenen Urteils beschränkt werden (Art. 399 Abs. 4 StPO).

Eine Beschränkung ist gemäss Bundesgericht für die Berufungsrichter verbindlich (BGer 6B_492/2018 vom 13.11.2018):

Soweit die Einschränkung der Berufung auf einzelne Punkte eindeutig und der Grundsatz der Untrennbarkeit oder inneren Einheit nicht verletzt ist (…), muss die Einschränkung durch das Berufungsgericht respektiert werden (…). Die nicht angefochtenen Urteilspunkte werden – unter dem Vorbehalt von Art. 404 Abs. 2 StPO – rechtskräftig (E. 2.3).

Mitunter muss aber in die Dispositionsmaxime eingegriffen werden (Art. 404 Abs. 2 StPO):

Der Eingriff in die Dispositionsmaxime ist in sachlicher Hinsicht auf die Verhinderung von gesetzeswidrigen oder unbilligen Entscheidungen beschränkt. Eine umfassende, freie Überprüfung (blosse Unangemessenheit) ist damit ausgeschlossen. Es soll verhindert werden, dass das Berufungsgericht auf einer materiell unrichtigen Grundlage urteilen muss. Art. 404 Abs. 2 StPO kommt vorwiegend bei einer qualifiziert unrichtigen Rechtsanwendung durch die Vorinstanz bei gleichzeitiger Beschränkung der Berufung auf die Sanktion zur Anwendung. Beschränkt etwa der Beschuldigte die Berufung auf den Strafpunkt, kann es dem Gericht nicht verwehrt sein, auch den Schuldpunkt neu zu beurteilen und den Beschuldigten nicht nur milder zu bestrafen, sondern das Verfahren einzustellen oder ihn statt wegen schwerer bloss wegen einfacher Körperverletzung, oder statt wegen Raubes, “nur” wegen Diebstahls schuldig zu sprechen. Gesetzwidrig wäre eine Entscheidung auch dann, wenn das erstinstanzliche Gericht eine unzulässige Sanktion ausgesprochen hätte. In Ermessensentscheide der Vorinstanz kann hingegen in keinem Fall eingegriffen werden; eine Beschränkung der Dispositionsmaxime rechtfertigt sich nur bei Willkür (…). Macht das Berufungsgericht von Art. 404 Abs. 2 StPO Gebrauch, hat es die Verfahrensbeteiligten vorher zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (…). [E. 2.3].

Diese Grundsätze hatte das Appellationsgericht BS formell missachtet. Die Beschwerde blieb aber dennoch erfolglos, weil das Gericht die Berufung materiell nicht auf die Strafzumessung beschränkte:

Aus dem vorinstanzlichen Urteil ergibt sich, dass die Vorinstanz zwar formell davon ausging, die Berufung beschränke sich auf die Bemessung der Strafe, sie jedoch faktisch den Sachverhalt, welcher der rechtlichen Würdigung und der Strafzumessung zu Grunde liegt, selbst feststellt, indem sie sich mit der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der ersten Instanz im Rahmen der Strafzumessung ausführlich auseinandersetzt (E. 2.4.3).

Das Appellationsgericht tat also nur so, als beschränke es sich auf die Strafzumessung. Dies hat erst das Bundesgericht gemerkt. Strange!