Illegaler Zwang zur Selbstbelastung

Das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, fühlt sich offenbar nicht an das Gesetz und die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Entsiegelungsverfahren gebunden. Trotz festgestellter schutzwürdiger Geheimnisinteressen hat es ein Entsiegelungsgesuch vollumfänglich gutgeheissen.

Das Problem bestand darin, dass das zu durchsuchende Mobiltelefon gesperrt und der Inhaber nicht bereit war, den Code zu liefern. Das sanktionierte das ZMG mit der Gutheissung des Gesuchs. Das Bundesgericht kassiert den gesetzeswidrigen Entscheid (BGer 1B_376/2019 vom 12.09.2019, Fünferbesetzung):

2.5. Im vorliegenden Fall hat das Zwangsmassnahmengericht gar davon abgesehen, die Staatsanwaltschaft mit der Aussonderung zu beauftragen, sondern ist noch einen Schritt weitergegangen und hat den Entsiegelungsantrag trotz festgestellter schutzwürdiger Geheimnisinteressen vollumfänglich gutgeheissen. Dies ist nach dem Dargelegten gesetzeswidrig. Das Vorgehen lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer die Zugangscodes nicht bekanntgegeben hat. Soweit es möglich ist, diese zu knacken oder anderweitig ohne die Mitwirkung des Beschwerdeführers ausfindig zu machen, wovon das Zwangsmassnahmengericht offensichtlich ausgeht, muss dies im Entsiegelungsverfahren geschehen. Das Zwangsmassnahmengericht kann zu diesem Zweck spezialisierte Polizeidienste oder externe Fachexperten (z.B. Informatiker) beiziehen (Art. 248 Abs. 4 StPO), wobei es dafür zu sorgen hat, dass die betreffenden Personen nicht auf den Inhalt von (mutmasslich) geheimnisgeschützten Dateien zugreifen können (BGE 142 IV 372 E. 3.1 S. 374 f.; Urteil 1B_555/ 2017 vom 22. Juni 2018 E. 3.1; je mit Hinweisen).

2.6. Ergänzend ist zudem Folgendes festzuhalten: Indem das Zwangsmassnahmengericht davon ausging, die Mitwirkungsobliegenheit umfasse die Bekanntgabe der erwähnten Codes und indem es die Mitwirkungsverweigerung des Beschwerdeführers mit dem Verlust der gesetzlich geschützten Geheimnisinteressen sanktionierte, übte es in unzulässiger Weise einen indirekten Druck auf ihn aus, aktiv an seiner eigenen Überführung mitzuwirken. Dies verletzt das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (vgl. E. 2.3 hiervor).