Rechtswidrige Observation ohne Folgen

Im Kanton Zürich wurde ein Beschuldigter in Verletzung mehrere Gesetzesvorschriften observiert. Weil ihm aber schwere Straftaten vorgeworfen wurden, konnten die rechtswidrig erhobenen Beweismittel dennoch verwertet werden, dank der genialen Regel in Art. 141 Abs. 2 StPO, die – es ist unsagbar peinlich – alleine dazu dient, die StPO bei Verfolgung schwerer Straftaten ausser Kraft zu setzen (BGer 7B_1059/2023 vom 26.03.2025). Hier zuerst die festgestellten Rechtsverletzungen:

Es ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, dass in den kantonalen Akten keine Unterlagen betreffend die Beantragung und Bewilligung der in der E-Mail vom 23. März 2018 und im Polizeirapport vom 28. März 2018 erwähnten polizeilichen Observation vorhanden sind. Mit dem Beschwerdeführer ist weiter festzuhalten, dass den Akten keine Angaben betreffend den Beginn der genannten polizeilichen Observation entnommen werden können. Demzufolge kann nicht beurteilt werden, ob aufgrund der Dauer der erfolgten polizeilichen Observation eine staatsanwaltschaftliche Genehmigung nach Art. 282 Abs. 2 StPO erforderlich gewesen wäre (vgl. oben E. 2.3.2). Eine Mitteilung an die von der Observation betroffene Person (d.h. den Beschwerdeführer) nach Art. 283 Abs. 1 StPO, die spätestens mit Abschluss des Vorverfahrens hätte erfolgen sollen (vgl. oben E. 2.3.3), ist aus den Akten ebenso wenig ersichtlich. Bei dieser Sachlage ist eine Verletzung der Aktenführungs- und Dokumentationspflicht (vgl. oben E. 2.3.2) in Bezug auf die erfolgte polizeiliche Observation zu bejahen. Es stellt sich nun die Frage nach den Folgen dieser Rechtsverletzung im konkreten Fall (E. 2.4.2, Hervorhebungen durch mich).  

Diese Rechtsverletzung (recte: Rechtsverletzungen) hatten selbstverständlich keine beweisrechtichen Folgen, ganz egal, ob es sich bei Art. 282 Abs. 2 StPO um eine blosse Ordnungsvorschrift oder um eine Gültigkeitsvorschrift handelt (schon diese Unterscheidung treibt mich zum Wahnsinn), denn mit Art. 141 Abs. 2 StPO lassen sich solche Fragen bequem beiseite schieben, solange es sich um „schwere Straftaten“ handelt. Dass niemand so genau weiss, was „schwere Straftaten“ sind, stört auch nicht.

In der Sache ging es u.a. um Geldwäscherei von Drogenerlösen. Geldwäscherei sah das Bundesgericht als erfüllt, weil nach seiner Rechtsprechung bereits die blosse Gefahr der Einziehungsvereitelung (!) ausreicht.

Die vom Beschwerdeführer gewählte Konstruktion, Erlöse aus der Produktion von und dem Handel mit Cannabis dem Mitbeschuldigen D. zu übergeben, um sich dann von der E. AG im Rahmen einer Scheinanstellung Lohn auszahlen zu lassen, war ohne Weiteres geeignet, Rückschlüsse auf den kriminellen Ursprung der Vermögenswerte zu verhindern. Diese Finanztransaktionen sind aufgrund der erfolgten Verschleierungshandlungen keineswegs mit einer blossen „paper-trail“-Verlängerung vergleichbar. Auch die nachträgliche (teilweise) Rückzahlung der Gelder ändert an der objektiven Tatbestandsmässigkeit der Handlungen nichts, weil die Gefahr der Einziehungsvereitelung ausreicht (vgl. oben E. 3.1.3.1) [E. 3.1.4]. 

Und u.a. weil die Rechtsprechung eine Bande schon ab zwei Mitgliedern annimmt, war die Geldwäscherei qualifiziert. Ich frage mich, ob es bei zwei Beteiligten Mittäterschaft überhaupt noch geben kann, oder ob bei mehr als einem Täter immer Bandenmässigkeit anzunehmen ist.