Staatskritische Rechtsstaatsromantiker III
Ein (von mir verkannt) ironisch gemeintes Zitat aus einer Publikation von Prof. Dr. Frank Meyer war vor einiger Zeit Thema dreier Blog-Beiträge (s. hier, hier und hier).
In einem Interview in der aktuellen Ausgabe von plädoyer äussert sich Meyer ohne Ironie zum Thema heimlicher Zwangsmassnahmen. Er bezieht sich auf eine Reihe von Bundesgerichtsentscheiden (s. die Medienmitteilung), die ich hier nicht oder noch nicht erwähnt hatte:
[Das Bundesgericht] hat nur geprüft, ob die Anordnung der Staatsanwaltschaft korrekt war. Der wirklich tiefe Grundrechtseingriff bei der Ausführung wurde gar nicht kontrolliert. Das Bundesgericht sagt dazu, dies wäre erst Gegenstand des Hauptverfahrens. Das ist für mich ein rechtsstaatlicher Skandal. Es verstösst gegen die Menschenrechtskonvention, den Rechtsschutz gegen mögliche Grundrechtsverletzungen auf unbestimmte Zeit vorzuenthalten bzw. von den weiteren Verfahrenshandlungen der staatlichen Organe abhängig zu machen. Im Klartext bedeutet das Urteil: Die Personen, die einem länger andauernden, massiven Grundrechtseingriff ausgesetzt waren, haben keine Chance, aktiv ein Schweizer Gericht anzurufen und die Rechtswidrigkeit dieser Massnahme überprüfen zu lassen. Sie werden vom Bundesgericht darauf vertröstet, dass dies im Hauptverfahren durch den Sachrichter geschehen wird. In diesem Solothurner Verfahren aber wird es womöglich nie ein Hauptverfahren geben, weil man bis heute keine Anklagereife erreichen konnte. Die EMRK verlangt aber in Artikel 13, dass den Betroffenen eine effektive Überprüfungsmöglichkeit eingeräumt wird.
Danke!