Akteneinsicht auch in die versiegelten Informationen
Das Kantonsgericht SH warf einem Beschuldigten vor, im Rahmen eines Entsiegelungsverfahrens die Entsiegelungshindernisse nicht hinreichend begründet zu haben. Es muss sich nun seinerseits vom Bundesgericht auf Laienbeschwerde hin vorhalten lassen, es habe dem Beschuldigten die mehrfach beantragte Akteneinsicht verweigert, ohne dies zu begründen (BGer 1B_151/2018 vom 30.04.2018). Interessant ist der Entscheid aber, weil er sich zum Umfang des Akteneinsichtsrechts in Entsiegelungsverfahren äussert.
Bemerkenswert ist insbesondere, dass Akteneinsicht offenbar auch in die gesiegelten Akten zu gewähren ist:
Das Aktendossier muss alles enthalten, was mit dem Schuldvorwurf und der Strafzumessung in einen Zusammenhang gebracht werden kann, inklusive Sachbeweisen (Urteil 1B_171/2013 vom 11. Juni 2013 E. 2.5 mit Hinweisen; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1161 Ziff. 2.2.8.9). Dazu gehören vorliegend auch die drei versiegelten Dokumente, die im Übrigen auch nach der Auffassung der Staatsanwaltschaft und des Kantonsgerichts einen Deliktskonnex aufweisen. Das Kantonsgericht bestreitet nicht, dass sie dem Beschwerdeführer insofern keine Akteneinsicht gewährt hat, begründet jedoch ihr Vorgehen nicht. Darin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Auch auf das Vorbringen, dass eine effektive Verteidigung zurzeit nicht gewährleistet sei, geht sie nicht ein. Der angefochtene Entscheid enthält insofern lediglich den Hinweis, dass der Beschwerdeführer eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs moniert habe. Die Vorinstanz hat sich jedoch mit der vorgebrachten Kritik nicht auseinandergesetzt (E. 2.3, Hervorhebungen durch mich).
Wie das praktisch gehen soll, ist mir nicht klar. Kann der Inhaber das Siegel entfernen, um die Entsiegelungshindernisse begründen zu können und es anschliessend wieder rechtswirksam anbringen?
Wenn ich das jetzt richtig verstehe, soll der Inhaber der gesiegelten Gegenstände Einsicht in seine eigenen Daten erhalten, um die Gründe für die Siegelung darlegen zu können, während der Staatsanwaltschaft dieselbe aufgrund des Siegelungsgesuches verweigert wird und somit Gefahr läuft, dass ihr Entsiegelungsgesuch mangels ausreichender Begründung zum Deliktskonnex abgewiesen wird. Das Siegelungsverfahren treibt seltsame Blüten. Da es am Ende ja doch nur darum geht, ob die Beweise vor dem Sachrichter verwendet werden dürfen oder nicht (und wohl weniger darum, ob nun die Staatsanwaltschaft tatsächlich Kenntnis vom Inhalt hat) stellt sich die Frage, ob das ZMG nicht den Inhalt der Datenträger beiden Parteien offen legen soll, damit diese ihre Gesuche bzw. Stellungnahmen begründen können und dann entschieden wird, ob die Daten Eingang in die Akten finden dürfen oder nicht. Dann reden wir von gleichlangen Spiessen….
Es geht nicht um gleich lange Spiesse. Es geht um die Durchsetzung des Gesetzes und der verfassungsmässigen Rechte. Wenn Verfassung und Gesetz bspw. die Privatsphäre oder Berufsgeheimnisse schützen, dann gilt dies eben auch für die Strafverfolger. Siegelung und Entsiegelungsverfahren stellen letztlich nur einen Versuch dar, wie man sicherstellen kann, dass den Strafverfolgern nicht geschützte Information nicht vorenthalten wird.