Anforderungen an einen Strafantrag

Das Bundesgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, wann ein Strafantrag nach Art. 30 StGB wirksam ist (BGer 1B_734/2012 vom 07.03.2013). Es fasst seine Rechtsprechung wie folgt zusammen.

Ein Strafantrag im Sinn von Art. 30 StGB ist rechtsgültig, wenn darin der bedingungslose Willen zur Strafverfolgung der Täterin zum Ausdruck gebracht und die Fakten mitgeteilt werden, aus denen sich ergeben soll, dass ein für die Eröffnung eines Strafverfahrens ausreichender Anfangsverdacht besteht und die Antragsfrist eingehalten ist (Zusammenfassung der Rechtsprechung im Urteil 6B_267/2008 vom 9. Juli 2008 E. 3.3).

Der Strafantrag vom 29. Februar 2012 (…) enthält weder Angaben zur Einhaltung der Antragsfrist noch zu den näheren Umständen des angeblich strafbaren Verhaltens (Tatzeit, Tatort, Vorgehen) der Beschwerdegegnerin noch zum konkreten Hintergrund des Vorfalls. Die Einschätzung der Staatsanwaltschaft, aus diesem Strafantrag ergebe sich kein “deutlicher Tatverdacht” im Sinn von Art. 309 Abs. 2 StPO, ist zutreffend. Da sich aus der Eingabe aber immerhin der bedingungslose Wille der Beschwerdeführerin ergibt, die Beschwerdegegnerin verfolgen zu lassen, ist das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, ihren Strafantrag im Zuge eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens zu ergänzen, auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 303 Abs. 1 StPO, wonach die Einleitung eines Vorverfahrens bei Antragsdelikten das Vorliegen eines (gültigen) Strafantrags voraussetzt, nicht zu beanstanden (E. 2.3).
Das Bundesgericht stützt sich auf BGer 6B_267/2008 vom 9. Juli 2008 E. 3.3, dem folgendes zu entnehmen ist:

Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt ein gültiger Strafantrag vor, wenn die antragsberechtigte Person innert Frist bei der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde und in der vom kantonalen Recht vorgeschriebenen Form ihren bedingungslosen Willen zur Strafverfolgung des Täters so erklärt, dass das Strafverfahren ohne weitere Willenserklärung weiterläuft (BGE 115 IV 1 E. 2a). Dazu ist erforderlich, dass der Sachverhalt, der verfolgt werden soll, zweifelsfrei umschrieben wird. Hingegen ist es nicht Sache der antragsstellenden Person, den Sachverhalt rechtlich zu qualifizieren. Die rechtliche Würdigung obliegt der Strafbehörde (vgl. BGE 131 IV 97 E. 3.3; BGE 115 IV 1 E. 2a;85 IV 73 E. 2; Christof Riedo, Der Strafantrag, Diss. 2004, S. 400 f.; vgl. auch derselbe, Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl., 2007, Art. 30 StGB N. 40). Weiss die antragsberechtigte Person zwar um das Vorliegen einer Straftat, vermag sie aber aufgrund fehlender Detailkenntnisse noch nicht einzuschätzen, ob es sich um ein Offizial- oder ein Antragsdelikt handelt, beginnt die Antragsfrist trotzdem bereits zu laufen. Ist etwa unklar, ob es sich bei der zu beurteilenden Straftat gegen die körperliche Integrität um ein Offizial- oder ein Antragsdelikt handelt und will die antragsberechtigte Person nicht nur ein Offizialdelikt, sondern auch ein damit allfällig einhergehendes Antragsdelikt verfolgt wissen, so muss sie sicherheitshalber stets einen Strafantrag einreichen (vgl. BGE 129 IV 1E. 3.1; ferner auch Andreas Donatsch/Brigitte Tag, Strafrecht I, Verbrechenslehre, 8. Aufl., 2006, S. 411 Fn. 62; Riedo, a.a.O., S. 452). Treffen verschiedene Tatbestände zusammen, steht es der antragsberechtigten Person frei, falls sie eine Anzeige in Bezug auf Offizialdelikte einreicht, auf eine Strafverfolgung von daneben einhergehenden Antragsdelikten zu verzichten (BGE 115 IV 1 E. 2a; 85 IV 73 E. 2). Fehlt ein rechtsgültiger Strafantrag, ist ein bereits begonnenes Verfahren einzustellen (Riedo, a.a.O., Art. 30 StGB N. 71) [E. 3.3].