Die aufgezeichneten Antworten des Aussageverweigerers

Im Kanton AG hat ein ZMG den Entsiegelungsantrag einer Staatsanwaltschaft abgewiesen, was in anderen Kantonen nicht vorkommt.

Das Bundesgericht schützt den Entscheid, dem ein knackiger Sachverhalt zugrunde liegt (BGer 1B_198/2018 vom 11.07.2018):

Der Beschwerdegegner wurde am 10. Mai 2017 von der Kantonalen Staatsanwaltschaft als beschuldigte Person einvernommen. Er berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht und beantwortete keine der Fragen. In den anlässlich der Hausdurchsuchung vom 17. Oktober 2017 sichergestellten und gesiegelten Dokumenten findet sich das Dokument “Beantwortung Fragen Staatsanwaltschaft”. Darin beantwortete der Beschwerdegegner die Fragen der Kantonalen Staatsanwaltschaft vom 10. Mai 2017. Der zweite gesiegelte Dokumentenstapel besteht aus Beilagen zu den Antworten des Beschwerdegegners. Das Dokument und die Beilagen versandte der Beschwerdegegner am 15. Mai 2017 per E-Mail an seinen Anwalt (E. 2.3.1).

Dass die Oberstaatsanwaltschaft AG einen solchen Fall überhaupt weiterzieht, kann eigentlich nur damit begründet werden, dass ihm die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Berufsgeheimnis Hoffnung gemacht hat. Hier wurde sie allerdings enttäuscht:

Art. 264 Abs. 1 lit. a und c StPO dienen dem Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidigung und beschuldigter Person; Schutz geniesst alles, was in dieses Verhältnis eingebracht wird, in ihm entsteht oder aus ihm hervorgeht (Bommer/Goldschmid, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, N. 30 zu Art. 264 StPO). Darunter fallen namentlich Aufzeichnungen der beschuldigten Person, die im Hinblick auf die Verteidigungsstrategie zuhanden des Verteidigers verfasst wurden; erfasst ist dabei insbesondere auch die elektronische Korrespondenz in Form von E-Mails und deren Anhängen (Stefan Heimgartner, in: Zürcher Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, N. 4 zu Art. 264 StPO; Bommer/Goldschmid, a.a.O., N. 30 f. zu Art. 264 StPO; Burckhardt/Ryser, Die erweiterten Beschlagnahmeverbote zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses insbesondere im neuen Strafverfahren, AJP 2013 S. 161) [E. 2.5].