Notwendige Verbeiständung

Neben der notwendigen Verteidigung (Art. 130 StPO) gibt es gestützt auf Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO auch die notwendige Verbeiständung der Privatklägerschaft (BGer 1B_523/2022 vom 29.06.2023, Fünferbesetzung).

Nach der Rechtsprechung stellt – was die Notwendigkeit der Verbeiständung betrifft – die Strafuntersuchung in der Regel eher bescheidene juristische Anforderungen an die Wahrung der Mitwirkungsrechte geschädigter Personen. Es geht im Wesentlichen darum, allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche anzumelden sowie an Verhören von beschuldigten Personen und allfälligen Zeuginnen und Zeugen teilzunehmen und gegebenenfalls Ergänzungsfragen zu stellen. Eine durchschnittliche Person sollte daher in der Lage sein, ihre Interessen als Geschädigte in einer Strafuntersuchung selbst wahrzunehmen (BGE 123 I 145 E. 2b/bb; Urteil 1B_450/2015 vom 22. April 2016 E. 2.3; je mit Hinweisen). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verbeiständung dennoch notwendig ist, berücksichtigt das Bundesgericht neben dem Alter, der sozialen Lage, den Sprachkenntnissen sowie der psychischen und physischen Verfassung der geschädigten Person insbesondere auch die Schwere und die Komplexität des Falles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Der Umstand, dass im Strafverfahren der Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 StPO) gilt, schliesst die Notwendigkeit einer Rechtsverbeiständung nicht zum Vornherein aus (BGE 123 I 145 E. 2b/cc mit Hinweisen; Urteile 1B_347/2021 vom 9. März 2022 E. 3.2; 1B_605/2020 vom 16. März 2021 E. 2.2) [E. 3.1, Hervorhebungen durch mich].

Im vorliegenden Fall wurde die Notwendigkeit auf die suboptimale Führung der Ermittlungen zurückgeführt:

Wie [der Beschwerdeführer] zutreffend vorbringt, hatte er aufgrund des Verhaltens der Ermittlungsbehörden, insbesondere der Kantonspolizei, vielmehr aktiv zu werden und mehrfach zu intervenieren, damit der Vorfall überhaupt weiter untersucht wurde. Die verlangte aktive Rolle beschränkte sich dabei nicht darauf, die offenbar ohne Information vonseiten der Kantonspolizei erfolgte Überweisung der Sache an das Statthalteramt Dietikon in Erfahrung zu bringen und rückgängig zu machen. Sie beinhaltete darüber hinaus auch, den konkreten Umständen des Vorfalls und der massgebenden Rechtslage, namentlich den Voraussetzungen von Art. 218 StPO, Rechnung tragende Beweisanträge zur Aufklärung der Angelegenheit zu stellen. Zudem waren das Ausreichen der vom zuständigen Staatsanwalt in der Folge angeordneten Untersuchungshandlungen und deren allfällige Ergänzung durch weitere sachdienliche Beweismassnahmen zu prüfen sowie als erforderlich erachtete entsprechende Massnahmen zu beantragen. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Übergriffe des Filialleiters ausserhalb des Sichtbereichs der im Laden anwesenden Personen zugetragen haben sollen und der Beschwerdeführer anlässlich des Vorfalls alkoholisiert war. Ferner hatte sich die fallzuständige Kantonspolizistin im (Haupt-) Rapport vom 18. Januar 2022 in tatsächlicher wie auch rechtlicher Hinsicht bereits im Wesentlichen zu Ungunsten des Beschwerdeführers geäussert (E. 3.5).

Wendet man solche Massstäbe auf Seiten der beschuldigten Personen an, ist die formelle Verteidigung immer notwendig. Aber so wird man es wohl eher nicht verstehen wollen.