Schüsse in den Rücken als Abwehr eines Angriffs

Ein Privatkläger im Kanton Zürich wollte sich nicht mit dem Freispruch eines Polizisten abfinden, der ihm in den Rücken geschossen hatte. Der Freispruch basierte darauf, dass vieles reine Spekulation bleiben musste. Hier ein Beispiel aus den Erwägungen des Bundesgerichts (BGer 6B_1301/2021 vom 09.03.2023):

Szenario 9 zeige einen Einschussdefekt in der Rückenmitte links mit Sondierbarkeit nach rechts oben. Das Projektil sei gemäss Ergänzungsgutachten links in den Rucksack ein- und im Rücktragbereich wieder ausgetreten und dann durch die Jacke in den Körper eingedrungen. Der Ausschuss sei im Schulterbereich erfolgt. Dieser Schussverlauf sei gemäss Ergänzungsgutachten nur bei relativ stark gebückter Haltung möglich. Auch hier sei denkbar, dass der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner 2 im Rahmen des dynamischen Gerangels auf dem Weg von der Front von “Limmat 3” weg oder später, als der Letztgenannte zu Boden ging, einmal beinahe den Rücken zukehrte. So könnte ihm die festgestellte Verletzung durch den Beschwerdegegner 2, der Linkshänder sei, beigebracht worden sein, wobei wiederum auch eine Schussabgabe von unten nicht ausgeschlossen werden könne. Jedenfalls sei der Schussverlauf mit einem Treffer in der Körperhaltung einer wegeilenden Person durch einen aufrecht stehenden Schützen kaum vereinbar. Anzumerken sei an dieser Stelle, dass der Rucksack des Beschwerdeführers unmittelbar bei allen anderen Patronenhülsen sichergestellt worden sei. Der Beschwerdeführer müsse ihn während des Handgemenges dort verloren haben, dies mit der zwangsläufigen Konsequenz, dass der Schuss, der ja noch durch den Rucksack ging, ihn in den Rücken getroffen habe, als er den Rucksack noch getragen habe. Deshalb müsse der Durchschuss während des Gerangels erfolgt sein. Nach den Schussabgaben habe er den Rucksack verloren und sei in Richtung Birmensdorferstrasse weggerannt. Dies führe zum Schluss, dass der Beschwerdegegner 2 nicht geschossen haben könne, als der Beschwerdeführer davongerannt sei (angefochtenes Urteil S. 45 f.) [E. 2.2.2].

Der Sachverhalt trug sich übrigens vor über sieben Jahren zu. Nur am Rande kommt das Bundesgericht hier wieder mit den alten Bausteinen zur Beweiswürdigungs- und Beweislastregel, die es andernorts nicht mehr anwendet und betont, dass Art. 10 StPO keine Beweiswürdigungs-, sondern wie in Deutschland Entscheidregel sei (s. am Ende meines früheren Beitrags). Es wäre zu begrüssen, wenn das demnächst einmal geklärt würde.