Selbstüberlistung

Dass eine Verteidigungsstrategie die Chancen einer Entlassung aus der Untersuchungshaft kompromittieren kann, zeigt ein neuer Haftentscheid des Bundesgerichts (BGer 1B_426/2010 vom 11.01.2011).

In Bezug auf die “Heizungsraumdrogen” sagte der Beschwerdeführer am 8. Dezember 2010 gegenüber der Staatsanwältin aus, er habe im Frühling/Sommer bei einer Freundin gewohnt und in dieser Zeit seine Wohnung an der Zürcherstrasse 165 einem Kollegen überlassen. Er habe später festgestellt, dass dieser mit Drogen gehandelt habe. Bei seiner Rückkehr in seine Wohnung habe er 2 Minigrip-Säcklein gefunden. Deshalb vermute er, dass die “Heizungsraumdrogen” von diesem Kollegen stammten. Zu den Personalien seiner Ex-Freundin und seines Kollegen machte er keine Angaben (E. 2.2.1).

Mit seiner Version spielt der Beschwerdeführer einen Steilpass für die Begründung der Kollusionsgefahr. Diesen Steilpass hat der Haftrichter verwertet:

Aus dieser Aussage ergibt sich, dass sich auch ein (ebenfalls) im Drogengeschäft tätiger Kollege des Beschwerdeführers längere Zeit in der Wohnung an der Zürcherstrasse 165 aufgehalten, Drogen mit in der Wohnung vorgefundenem Material verpackt und im Heizungskeller des Nachbarhauses versteckt haben könnte. Das wäre eine mögliche Erklärung für die Fingerabdrücke des Beschwerdeführers auf der Verpackung der “Heizungsraumdrogen”. Die Aussage ist somit geeignet, diesen in einem wesentlichen Punkt zu entlasten. Ob sie das auch tut, hängt wesentlich davon ab, ob die Ex-Freundin und der fragliche Kollege überhaupt existieren und seine Aussage bestätigen. Der Beschwerdeführer hat daher objektiv ein grosses Interesse, die beiden entsprechend zu “instruieren”, und er hat sich durch die Geheimhaltung ihrer Identität auch die Gelegenheit verschafft, sie in Freiheit voraussichtlich vor den Strafverfolgungsbehörden kontaktieren zu können. Die Befürchtung des Haftrichters, der Beschwerdeführer könnte in Freiheit versuchen, die beiden in unzulässiger Weise zu beeinflussen, ist nachvollziehbar. Die Annahme von Kollusionsgefahr ist zurzeit nicht zu beanstanden (E. 2.2.2).

Selbst überlistet hat sich an sich aber auch der Haftrichter, denn er kauft dem Beschwerdeführer die Version, welche zur Begründung der Kollusionsgefahr verwendet wird, gar nicht ab:

Diese Bestreitung halten die Staatsanwältin und der Haftrichter für unglaubhaft, weil der Beschwerdeführer vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. September 2008 im mit einem Durchgang verbundenen Nachbarhaus (Zürcherstrasse 165) wohnte und auf dem Verpackungsmaterial der Drogen Fingerabdruckspuren von ihm sichergestellt wurden (E. 2.1).

Hält man die Version des Beschwerdeführers für unglaubhaft, besteht ja wohl auch keine Kollusionsgefahr. Hat das Bundesgericht dies übersehen?