Smartphone: Entsiegelungsrichterliche Aussonderungspflicht

Das Bundesgericht weist den Entsiegelungrichter an, für das Verfahren offensichtlich irrelevante Aufzeichnungen aus Gründen der Verhältnismässigkeit auszusondern, und zwar auch bei grossen Datenmengen (hier: Smartphone). Vorbehalten bleiben die prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten der Parteien, die im vorliegenden Fall zu einer übereinstimmenden Beurteilung dessen führten, was verfahrensrelevant sei und was nicht (BGer 1B_495/2020 vom 04.03.2021, Fünferbesetzung):

Weder der Ansicht der Vorinstanz noch jener der Staatsanwaltschaft kann gefolgt werden. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat das Entsiegelungsgericht, wenn es eine Durchsuchung grundsätzlich als zulässig erachtet, auch bei grossen Datenmengen aus Gründen der Verhältnismässigkeit offensichtlich irrelevante Aufzeichnungen auszusondern. Zum einen hat die Staatsanwaltschaft deshalb schon im Entsiegelungsgesuch darzulegen, inwiefern die versiegelten Aufzeichnungen grundsätzlich verfahrenserheblich sind. Zum anderen hat die Gesuchsgegnerschaft substanziiert darzutun, welche Aufzeichnungen offensichtlich keinen Sachzusammenhang mit der Strafuntersuchung haben. Eine detaillierte Triage durch das Entsiegelungsgericht hat, auch bei Mobiltelefonen (Urteile 1B_342/2017 vom 11. Dezember 2017 E. 3.3; 1B_213/2016 vom 7. September 2016 E. 4.2.5), nur zu erfolgen, soweit substanziierte Einwände erhoben werden (prozessuale Mitwirkungsobliegenheit). Das Entsiegelungsgericht kann zur Prüfung des Inhalts der Aufzeichnungen eine sachverständige Person beiziehen (Art. 248 Abs. 4 StPO). Es darf die Triage hingegen nicht an die Staatsanwaltschaft delegieren (zum Ganzen: BGE 141 IV 77 E. 5.5.1 S. 84 f.; 138 IV 225 E. 7.1 S. 229; 137 IV 189 E. 4.2 S. 195, 5.1.2 S. 196 f. und E. 5.3.1 S. 198; Urteil 1B_374/2014 vom 12. Februar 2015 E. 5.2 f.).  Vorliegend hat die Staatsanwaltschaft, wie ausgeführt, klar eingegrenzt, welche Aufzeichnungen auf dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers sie als verfahrensrelevant beurteilt und an welchen sie nicht interessiert ist. Sie hat dabei ein Untersuchungsinteresse hinsichtlich jener Aufzeichnungen verneint, die auch der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren als nicht verfahrenserheblich bezeichnet hat, und ein solches Interesse nur so weit bejaht, als auch er es (vorbehältlich seiner prinzipiellen Einwände gegen die Durchsuchung) grundsätzlich getan hat. Damit liegen vonseiten der Entsiegelungsgesuchstellerin und des Gegners des Gesuchs übereinstimmende und klare Angaben dazu vor, welche Aufzeichnungen nicht als verfahrensrelevant erachtet werden. Dass die Aussonderung dieser Aufzeichnungen durch die Vorinstanz wegen der Menge der auf dem Mobiltelefon gespeicherten Daten und des erforderlichen Aufwands nicht praktikabel bzw. nicht möglich wäre, ist sodann nicht ersichtlich. So kommt angesichts der bei den Untersuchungsakten liegenden Aussagen zum Zeitraum bzw. zur Dauer der Observation sowie der entsprechenden Angaben im Observationsbericht insbesondere ein zeitliches Selektionskriterium in Betracht, das schon allein die Aussonderung des grössten Teils der Daten auf dem Mobiltelefon ermöglichen dürfte, wobei dazu, wie erwähnt, eine sachverständige Person beigezogen werden kann. In Frage kommen zudem ergänzende sachliche Kriterien. Unter diesen Umständen verstösst der Entscheid der Vorinstanz, die Entsiegelung hinsichtlich sämtlicher Aufzeichnungen auf dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers anzuordnen und nicht nur bezüglich der Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der Observation des Privatklägers sowie der dazugehörigen Auftragserteilung, gegen die dargelegten Grundsätze bzw. Bundesrecht. Insoweit erweist sich die Beschwerde daher als begründet (E. 7.3, Hervorhebungen durch mich).