Und die Kosten trägt der gebüsste Anwalt
Ein rechtskräftig verurteilter und des Landes verwiesener Mann, dessen Beschwerde am EGMR hängig ist, versucht den Strafantritt des zu vollziehenden Teils seiner Freiheitsstrafe von sechs Monaten hinauszuzögern. Zu diesem Zweck focht er den Haftantrittsbefehl bis vor Bundesgericht erfolglos an. Auch ein abgewiesenes Sistierungsgesuch zog er ans Bundesgericht. Beide Beschwerden wurden abgewiesen. DAs Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich setzte sodann ein neues Strafantrittsdatum fest und auferlegte die Kosten dem Verurteilten (3/4) und seinem Anwalt (1/4). Diesen büsste es zudem mit einer Ordnungsbusse von CHF 500.00 und verzeigte ihn bei der Aufsichtskommission. Sowohl der Verurteilte als auch sein Anwalt zogen die Sache erneut nach Lausanne, das beide (!) Beschwerden abweist. Zur Beschwerde des gebüssten Kollegen fasst sich das Bundesgericht kurz (BGer 7B_1133/2024 vom 18.03.2025):
Wohl darf – entgegen dem, was die Vorinstanz anzunehmen scheint – die materielle Aussichtslosigkeit eines Rechtsbehelfs für sich alleine nicht Grund dafür sein, den Rechtsvertreter oder die Rechtsvertreterin persönlich mit Kosten zu belasten. Eine solche Kostenauferlegung rechtfertigt sich vielmehr einzig dann, wenn das Verhalten der Rechtsvertretung offenkundig nicht im (weit verstandenen) Interesse der oder des Vertretenen liegen kann, was nicht nur von den Erfolgsaussichten eines von ihr eingelegten Rechtsbehelfs abhängt. Massgebend ist, ob ein eigentlicher Kunstfehler der Rechtsvertretung vorliegt. Ein solcher fällt insbesondere dann in Betracht, wenn sie nicht o?enstehende Rechtsmittel ergreift, Fristen verpasst, ohne Vollmacht handelt oder die minimalsten Substanziierungsp?ichten nicht erfüllt (siehe zum Ganzen AIMO JAN ZÄHNDLER, Die Auferlegung von Gerichtskosten an Parteivertreter, Justice-Justiz-Giustizia 2015/2, Rz. 76 und 81 f. mit weiteren Hinweisen). Bleibt unklar, ob ein Vorgehen den Interessen der Partei widerspricht und wer dafür verantwortlich ist (vgl. dazu BGE 150 I 174 E. 4.3.3), kommt die Kostenauferlegung an die Rechtsvertretung nicht in Frage, sondern ist die Partei auf das Innenverhältnis mit dieser zu verweisen.
Vorliegend fällt ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer 2 in der (ersten) Beschwerde gegen die Präsidialverfügung vom 18. März 2024, mit welcher das erste Sistierungsgesuch des Beschwerdeführers 1 abgewiesen worden war, vor Bundesgericht keine vorsorglichen Massnahmen beantragte. Weshalb er dies unterliess und stattdessen erneut die Vorinstanz um Sistierung des Verfahrens ersuchte, bis das Bundesgericht über die Beschwerde gegen die Abweisung der Sistierung in der Präsidialverfügung vom 18. März 2024 entschieden habe, ist nicht nachvollziehbar und legt der Beschwerdeführer 2 auch nicht verständlich dar. Vor allem ist auch nicht ersichtlich, inwiefern dieses Vorgehen im Interesse des Beschwerdeführers 1 gelegen haben soll. Unter diesen Umständen ist es jedenfalls im Ergebnis nicht unhaltbar, wenn die Vorinstanz nach der dargestellten kantonalrechtlichen Verfahrensbestimmung einen Teil der Verfahrenskosten ausnahmsweise dem Beschwerdeführer 2 persönlich auferlegt.
Was die gegen ihn ausgeprochene Ordnungsbusse betrifft, so bestreitet der Beschwerdeführer 2 nicht, im zweiten Sistierungsgesuch der Vorinstanz angekündigt zu haben, die Entscheidung darüber abermals beim Bundesgericht anzufechten, womit er das Ganze „ad absurdum“ führen könne. Eine solche Prozessführung als mutwillig zu bezeichnen und den Beschwerdeführer 2 hierfür mit einer Ordnungsbusse zu belegen, ist bei den festgestellten Gegebenheiten sachlich vertretbar. Im Übrigen ficht der Beschwerdeführer 2 die Höhe der Ordnungsbusse nicht an, so dass darauf nicht einzugehen ist.
Als unbegründet erweist sich schliesslich auch die Rüge der Gehörsverletzung. Wieso die disziplinarische Sanktion hier nicht ohne Gehörsgewährung verhängt werden durfte, ist nicht erkennbar, zumal sich das zu ahndende Verhalten bereits aus den Akten ergab (vgl. BGE 150 I 174 E. 4.3.3 mit Hinweisen) [E. 7.3].
Der Kunstfehler des Kollegen bestand also darin, dass er vor Bundesgericht ein absolut aussichtsloses Gesuch nicht stellte? Und gebüsst wurde er wegen der Androhung einer neuerlichen Beschwerde? Und v.a.: sind es die Gerichte, die die Interessen ihrer Kunden definieren?
Wie wäre es, wenn es eine unabhängige (Vor-)Instanz gäbe, die vor Einreichung einer Klage prüft, ob diese «offensichtlich aussichtlos» ist. Und einzig darauf basierend entschieden wird, ob und welche Partei- und Anwaltsentschädigungen es gibt, inkl. unentgeltliche Rechtspflege. Man darf ja träumen …
Träumen Sie weiter…
Hat ein Anwalt, der nicht im Strafrecht tätig ist, jemals eine Ordnungsbusse bekommen? Habe davon zumindest nie gehört. Wäre interessant zu erfahren, wie viel öfter Strafverteidiger gebüsst werden oder die (Teil-)Kosten übernehmen müssen im Vergleich zu anderen Anwälten.
Wie wäre es wenn die alte Tugend des Geschworenengerichtes wieder eingeführt würde und es in jedem Kanton wieder oder neu ein Geschworenengericht gäbe ? Denn wer ist fehlerfrei ? Die schweizer Justiz ? die Schweizer Polizei bei der noch NIE ein Polizist des Mordes bestraft wurde, was bei einem Rechtsstaat zwingend gewesen sein müsste, weil eben die Polizei auch fehlerhaft ist wie die Justiz – Ich sähe nur einen Ausweg aus dem Wirr-Warr in dem sich die CH Justiz befindet, indem wir pro Kanton wieder Geschworenengerichte hätten …. und wie müsste man da vorgehen um wieder Geschworenengericht zu haben? Was denken andere Leute über meine Idee ?
…. oder überregionale, interkantonale Gerichte. Wenn die Jury aus Personen in der nächsten Umgebung einer Gerichtspartei besteht, könnte dies auch einen sehr starken Bias hervorrufen.