Zu bescheidenes Obergericht Bern

Art. 6 EMRK garantiert bekanntlich die umfassende Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht gemäss (vgl. auch Art. 29aArt. 30 Abs. 1 sowie bei Freiheitsentzug Art. 31 Abs. 4 BV). Dies hat das Obergericht BE bei der Beschwerde gegen eine verweigerte bedingte Entlassung (Art. 86 StGB) übersehen. Das Bundesgericht hält dies in einem aktuellen Entscheid wie folgt fest (BGer 6B_983/2020 vom 03.11.2020):

Auf das vorinstanzliche Verfahren ist Art. 6 Ziff. 1 EMRK zweifellos anwendbar. Soweit in Strafsachen nichtgerichtliche Vollzugs- und Verwaltungsbehörden entscheiden, ist dies mit den Garantien von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar, wenn die betroffene Person ein Gericht anrufen kann, das als Gericht im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK mit voller Kognition (“plénitude de juridiction”) entscheidet (GONIN/BIGLER, Convention européenne des droits de l’homme [CEDH], 2018, N. 44-46 zu Art. 6 EMRK). […]. Die Vorinstanz will wie das Bundesgericht entscheiden und übergeht dabei (abgesehen von Art. 97 Abs. 1 BGG), dass ihre Vorinstanz, das Polizei- und Militärdepartement (SID) des Kantons Bern, kein unabhängiges Gericht im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist. […]. (E. 1.3.2, Hervorhebungen durch mich).